Text: Gerald Michelak und Marlene Matzinger
Anlässlich des Welt-Hospiztages am 12. Oktober 2024 widmet sich diese Themenreihe den geschlechts- und altersspezifischen Unterschieden in der Versorgung schwerkranker Menschen. Der Welt-Hospiztag dient als Anlass, um das Bewusstsein für die Hospiz- und Palliativversorgung zu schärfen – sowohl für die Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, als auch für die Bevölkerung im Allgemeinen. Da im Laufe des Lebens nahezu jede Person direkt oder indirekt mit schweren Erkrankungen oder Pflegebedürftigkeit in Berührung kommt, ist es von gesellschaftlicher Relevanz, sich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung auseinanderzusetzen.
Palliative Care hat das Ziel, die Lebensqualität von Menschen mit unheilbaren Krankheiten zu verbessern, indem körperliche, emotionale und spirituelle Bedürfnisse berücksichtigt werden. Geschlechtsspezifische Unterschiede spielen hierbei eine wesentliche Rolle, da Männer, Frauen und nicht-binäre Personen oft unterschiedliche Bedürfnisse aufweisen und verschiedenen Herausforderungen in der Betreuung begegnen. Dies zeigt sich in der Wahrnehmung von Symptomen, der Inanspruchnahme von Unterstützung sowie in den Erwartungen an die Versorgung.
Zudem sind Frauen in der Schmerzbehandlung benachteiligt, da sie trotz stärkerer Schmerzen seltener hochwirksame Schmerzmittel erhalten (Wong & Phillips, 2023). Ähnliche Ergebnisse beschreiben Rodríguez-Gómez et al. (2024): Frauen berichten häufiger von starken Schmerzen, erhalten jedoch seltener als Männer hochwirksame Schmerzmittel. Gesellschaftliche Stereotypen tragen dazu bei, dass Schmerzen bei Frauen oft als Übertreibung oder emotionale Belastung wahrgenommen und als «natürlicher» Prozess abgetan werden (Wong & Phillips, 2023). Diese oft unbewussten Vorurteile und geschlechtsspezifischen Stereotypen beeinflussen das Schmerzempfinden und die Behandlung von Frauen, wie auch Rodríguez-Gómez et al. (2024) zeigen. Männer werden bei der Schilderung ihrer Schmerzprobleme ernster genommen, während Frauen als «emotionaler» oder «überempfindlicher» gelten. Frauen leiden zudem häufiger an Symptomen wie Fatigue oder Übelkeit (Wong & Phillips, 2023).
Bezogen auf das Alter zeigt sich, dass der Zugang zur Palliativversorgung und dem damit einhergehenden Symptommanagement bei der Personengruppe der über 80-Jährigen im Vergleich zu jüngeren Personen erschwert ist (Rodríguez-Gómez et al., 2024).
Zu berücksichtigen gilt, dass ältere Frauen am Lebensende seltener verheiratet, häufiger verwitwet und öfter alleinlebend sind, nachdem sie oft viel Zeit und Ressourcen für die Pflege ihrer Partner aufgebracht haben. Sie verfügen meist über weniger Ressourcen, was auf lebenslange Ungleichheiten in Entlohnung und Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist und schliesslich sogar zu Altersarmut führen kann (Wong & Phillips, 2023).
Frauen als pflegende Angehörige sind ebenfalls stärker belastet, sowohl mental als auch physisch. Dies resultiert aus höheren gesellschaftlichen Erwartungen und Verantwortlichkeiten, denen weibliche pflegende Angehörige gegenüberstehen. Während Frauen sich um unerledigte häusliche Aufgaben sorgen, beschäftigen sich Männer eher mit finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten. Männliche pflegende Angehörige werden häufig als «heldenhaft» wahrgenommen, während die Übernahme von Pflegeaufgaben durch Frauen als selbstverständlich betrachtet und weniger wertgeschätzt wird (Wong & Phillips, 2023).
Männer erwarten häufiger, dass sie bei Eintreten einer schweren Erkrankung von ihren Ehefrauen bzw. Angehörigen versorgt werden. Dies spiegelt die gesellschaftliche Wahrnehmung der Rolle der Frauen wider. Frauen hingegen bevorzugen am Lebensende formelle Unterstützungsangebote, wie die Betreuung in Pflegeheimen oder Hospizen, um ihren Angehörigen nicht zur Last zu fallen. Zudem lehnen Frauen häufiger Reanimationsversuche ab und ziehen palliative Massnahmen vor. Trotz dieser Präferenz und dem Erhalt früher palliativer Massnahmen zeigen sich seltener positive Auswirkungen auf ihre Lebensqualität. Frauen haben im Vergleich zu Männern oft weniger Zugang zu spezialisierter Palliativversorgung, was ebenso auf unbewusste Vorurteile im Versorgungssystem zurückzuführen ist (Wong & Phillips, 2023).
Es ist daher notwendig, geschlechts- und altersspezifische Unterschiede in der Hospiz- und Palliativversorgung stärker zu berücksichtigen. Dies erfordert eine Sensibilisierung aller Beteiligten sowie die Förderung weiterer Forschungsprojekte, um die unterschiedlichen Bedürfnisse besser zu verstehen und in zukünftige Leitlinien und Behandlungsansätze einfliessen zu lassen. Strukturelle Barrieren müssen abgebaut und Angebote ausgebaut werden, um den Zugang zur Hospiz- und Palliativversorgung bedarfsgerechter zu gestalten und allen gleichermassen zu ermöglichen.
Text: Laura Adlbrecht, Nicole Helfenberger, Heidi Zeller
Hintergrund
Immer mehr Spitäler führen spezialisierte Versorgungskonzepte für Menschen mit Demenz ein. Die Implementierung solcher Konzepte werden durch zahlreiche Barrieren, wie geringe Motivation, wenig Kompetenzen, starre Strukturen und unzureichende Personalausstattung und -qualifikation, gehemmt. In einem Forschungsprojekt thematisierten wir die Frage, wie in einem Akutspital eine qualitativ hochwertige Versorgung von Personen mit Demenz im Krankenhaus erfolgreich implementiert werden kann.
Methodik
In einer zweiteiligen qualitativen Studie führten wir zunächst Einzelinterviews und Fokusgruppen mit Personen aus dem deutschsprachigen Raum (n=14) durch, die über ihre Implementierungserfahrungen, die angewandten Strategien, Barrieren und Förderfaktoren, berichteten. Zudem wurden Lego Series Play Workshops mit Gesundheitsprofessionist*innen und Laien durchgeführt (n=22), um weitere Informationen in Hinblick auf die Überwindung der Barrieren zu sammeln.
Ergebnisse
Wir haben vier Kernaktivitäten identifiziert, die für eine erfolgreiche Entwicklung von Strukturen, Prozessen, Kompetenzen und Haltungen der Mitarbeitenden entscheidend sind: Vorbildsein, Überzeugen, Befähigen und Ermöglichen. Eine klare Vision, die von einer transformativen Führungsperson und einer multiprofessionellen Kerngruppe vertreten wird, ist von wesentlicher Bedeutung. Um Führungskräfte aller Ebenen, Mitarbeitende und spitalexterne Stakeholder zu überzeugen, braucht es konsequente Lobbyarbeit und eine Attraktivierung von Dementia Care, z.B. durch Anreizsysteme. Zum Befähigen benötigt es das Vorleben personzentrierter Werte sowie die Entwicklung von Kompetenzen in formalen und informellen Lernangeboten. Bedeutsam ist dabei der Einsatz von Champions im klinischen Alltag. Um zu ermöglichen, müssen Ressourcen eingesetzt, Prozesse durchlässiger gestaltet und eine Kultur geschaffen werden, die Raum zum Ausprobieren geben. Zudem sollten fallführende Personen zur Koordination von Informationen, Personen und Prozessen eingesetzt werden. Die vier Kernaktivitäten beeinflussen sich gegenseitig und sollten iterativ angelegt sein.
Schlussfolgerungen
Die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Versorgung von Personen mit Demenz im Spital benötigt den Einbezug von Personen aus unterschiedlichen Professionen und Führungsebenen. Dabei ist es nicht nur notwendig ausgehend von einem Auftrag und einem Projektplan, zu informieren und zu schulen, sondern auch zu überzeugen und zu ermöglichen. Zentral scheinen dabei eine langfristige Perspektive und Beständigkeit zu sein.
Das Projekt wird vom SBFI gefördert.
Text: Ramona Engst, Nicola Greco, Anastasios Manettas, Lukas Jäger, Tamara Weibel und Antje Koller
Das Projekt Cancer Move Continuum Schweiz (CMCS) unter der Leitung der Abteilung Physiotherapie, Ergotherapie, des Universitätsspital Zürich (PEU) baut ein Netzwerk von Leistungserbringenden (Partnerinstitutionen und (periphere) Physiotherapien) mit einem spezifischen sport- und bewegungstherapeutischen Angebot für Menschen mit Krebs auf - flächendeckend, wohnortsnah und schweizweit. CMCS versteht sich als ein Netzwerk, das Wissen schafft und in die gängige Praxis einbindet. Um eine umfassende Versorgung zu gewährleisten, arbeitet das Netzwerk eng mit der Krebsliga zusammen und ermöglicht Menschen mit Krebs den Zugang zu weiteren Angeboten, wie Selbsthilfegruppen oder psychoonkologischer Unterstützung.
Der Kern des Netzwerks CMCS besteht aus den Partnerinstitutionen Inselspital Bern, Universitätsspital Basel, Kantonsspital Winterthur, Kantonsspital St. Gallen, Luzerner Kantonsspital und Universitätsklinik Balgrist und weiteren Konsortiums-Partnern (Ostschweizer Fachhochschule, Department Gesundheit [Physiotherapie und Pflegewissenschaft] und der Krebsliga des Kantons Zürich).
Das Projekt verfolgt mit der Etablierung des CMCS-Netzwerks, drei Hauptziele, die Entwicklung (1) des bewegungstherapeutischen Konzepts, (2) des bewegungstherapeutischen Behandlungspfads und (3) des Netzwerks:
Dreh- und Angelpunkt für die Kommunikation und zur Standardisierung der Prozesse ist eine CMCS-Web-Plattform. Die ersten Menschen mit Krebs sollen ab 2025 durch das CMCS behandelt werden. Die Partnerinstitutionen sind dabei zuständig für die Kostengutsprache und die Therapiepräskription. Die wohnortsnahen (peripheren) Physiotherapien führen anschliessend die Sport- und Bewegungstherapie mit den Betroffenen durch. Die Leistungen werden durch die Grundversicherung abgedeckt.
Das Projekt fördert eine bewegungsfreundliche Kultur, die Menschen mit Krebs in jeder Phase ihrer Erkrankung dazu befähigt, sich zu bewegen.
Die Pflegeinitiative in der Schweiz
Text: Magdalena Vogt
Hintergrund: Die steigende Lebenserwartung führt zu einer Alterung der Schweizer Bevölkerung. Diese an sich positive Entwicklung hat für das Gesundheitswesen dann Konsequenzen, wenn das hohe Alter mit gesundheitlichen Einschränkungen verbunden und Pflegebedürftigkeit die Folge ist. Unter Berücksichtigung des prognostizierten Anstiegs der über 80-jährigen in der Bevölkerung in den kommenden Jahren ist mit einer deutlichen Zunahme der Pflegebedürftigkeit zu rechnen. Rund 13.6% der über 80-Jährigen wohnen 2022 in einem Alters- und Pflegeheim. Aber auch zuhause lebende Seniorinnen und Senioren weisen durch Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten und Beeinträchtigungen des Gehvermögens einen erhöhten Bedarf an Pflege- und Hilfsleistungen auf. Bei Personen ab 85 Jahren, die in einem Privathaushalt leben, haben 10% grosse Schwierigkeiten oder sind nicht fähig, grundlegende Alltagsaktivitäten wie baden, sich ankleiden oder zur Toilette gehen, auszuführen. Ebenso können 10% der älteren Menschen ab 85 Jahren in Privathaushalten nur einige Schritte oder überhaupt nicht gehen [4].
Diese Entwicklung birgt einige Herausforderungen in den Bereichen Pflegepersonal, Versorgungsstrukturen und Finanzierung, wodurch sich die Situation in der Langzeitpflege voraussichtlich weiter verschärfen wird. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind unterschiedliche Massnahmen erforderlich. Primär sind präventive Initiativen zu ergreifen, die das Auftreten von Pflegebedürftigkeit verhindern bzw. möglichst lange hinauszögern und somit die Nachfrage nach medizinischen und pflegerischen Leistungen reduzieren. Neben der Prävention stellen Massnahmen zur Steigerung der Qualität und Effizienz in der Versorgung eine der effektivsten Antworten auf die künftigen Herausforderungen dar [1].
Die Umsetzung verschiedener nationaler Strategien von Bund und Kantonen (Demenz, koordinierte Versorgung etc.) hat Auswirkungen auf die Versorgung im Bereich der Langzeitpflege. Darüber hinaus bestehen spezifische Verbesserungsmöglichkeiten im Gesundheitssystem, wie etwa eine bessere Koordination der Betreuung zu Hause, die Etablierung altersspezifischer Prozesse in Regionalspitälern oder die Erhöhung der geriatrischen Kompetenzen des Pflegepersonals. Effizienzsteigerungen können auch durch den vermehrten Einsatz neuer Technologien, wie z. B. des elektronischen Patientendossiers, erzielt werden. Aufgrund der kantonalen Zuständigkeit für die Gesundheitsversorgung sind in erster Linie die Kantone gefordert, die Versorgungsstrukturen entsprechend anzupassen, um eine effiziente und effektive Versorgung sicherzustellen [1]. Massnahmen auf kantonaler und nationaler Ebene zur Förderung und Verbesserung der Pflege sind nun im Rahmen der Pflegeinitiative gesetzlich verankert worden.
Um was geht es bei der Pflegeinitiative?
Am 28. November 2021 wurde die Initiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» von Volk und Ständen angenommen. 61 Prozent der Stimmenden sagten Ja. Im neuen Artikel 117b der Bundesverfassung wird festgehalten: Bund und Kantone anerkennen und fördern die Pflege als wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Der Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Pflege muss für alle gewährleistet sein. Bund und Kantone sollen dafür sorgen, dass genügend Pflegefachpersonen zur Verfügung stehen. Pflegefachpersonen sollen ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen entsprechend tätig sein können, damit sie ihren Beitrag zu einer hohen Qualität der Pflege leisten können. Mit einer Ausbildungsoffensive, die das Parlament als Gegenvorschlag zur Initiative bereits verabschiedet hat, sollen einerseits mehr Pflegefachpersonen ausgebildet werden. Andererseits sollen gewisse Leistungen von Pflegefachpersonen eigenständig abgerechnet werden können. Zum anderen werden der Bund und insbesondere die Kantone zusätzlich verpflichtet, für bessere Arbeitsbedingungen, genügend Pflegepersonal und eine angemessene Abgeltung der Pflegeleistungen zu sorgen. Der Bundesrat hat sich entschieden, die Initiative in zwei Etappen umzusetzen. Das Gesetz der 1. Etappe tritt am 01. Juli 2024 in Kraft [1].
Etappe 1: Ausbildungsoffensive
Mit der Ausbildungsoffensive soll die Ausbildung von Pflegefachpersonen auf Tertiärstufe gefördert und die Zahl der Abschlüsse in Pflege höherer Fachschulen (HF) und in Pflege Fachhochschulen (FH) erhöht werden [3]. Dazu stellt der Bund in den nächsten acht Jahren rund eine halbe Milliarde Franken für die Ausbildung zur Verfügung, sofern die Kantone die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen schaffen. Die Kantone sind verpflichtet, Beiträge an die Betriebe des Gesundheitswesens auszurichten, Ausbildungsbeiträge an angehende Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner HF und FH zur Sicherung des Lebensunterhalts auszurichten und Beiträge an die HF und FH zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze zu sichern [2]. Ziel dieser Massnahmen ist die Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs und die Erhöhung der Anzahl Abschlüsse in der Pflege [3].
Etappe 2: Anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen
In der zweiten Etappe plant der Bund, die weiteren Forderungen der Pflegeinitiative nach Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Förderung der beruflichen Entwicklung umzusetzen. Dies soll beispielsweise durch die Einführung einheitlicher Regelungen für flexiblere Dienstpläne, die Regelung der Höchstarbeitszeiten und höhere Lohnzuschläge erfolgen. Zudem werden die Sozialpartner dazu aufgefordert, Gespräche zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen aufzunehmen. Nicht zuletzt sollen die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten erweitert werden, beispielsweise durch Wiedereinstiegsprogramme. Die Überwachung der Fortschritte erfolgt durch ein vom BAG initiiertes Nationales Monitoring Pflegepersonal. Die Umsetzung der entsprechenden Massnahmen obliegt den Kantonen, Betrieben und Sozialpartnern [3].
Fazit: Der Anstieg an älteren und pflegebedürftigen Menschen in der Schweiz erfordert neue Massnahmen, damit die Qualität und Versorgungssicherheit in der Langzeitpflege bestehen bleibt und verbessert wird. Dies soll im Rahmen der Pflegeinitiative durch die Erhöhung der Anzahl an Abschlüssen in der Pflege sowie durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen erzielt werden. Neben der Pflegeinitiative gilt es, durch weitere gezielte Massnahmen eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung zu gewährleisten und den Pflegeberuf attraktiv zu gestalten.
Literatur:
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS) in der Langzeitpflege
Autoren: Flavio Heller und Manuel P. Stadtmann
Hintergrund
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS) sind im ICD-11 wie folgt definiert: PTBS ist gekennzeichnet durch das Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von lebhaften Erinnerungen, Albträumen oder Flashbacks, die das Gefühl vermitteln, das traumatische Ereignis erneut zu erleben. Weitere Merkmale sind anhaltende Vermeidung von Erinnerungen an das Ereignis sowie übermässige Wachsamkeit und Schreckhaftigkeit. Diese Symptome müssen mindestens mehrere Wochen andauern und zu erheblichem Leid oder Beeinträchtigungen in den sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen führen (WHO, 2019). kPTBS hingegen umfasst zusätzlich zu den Kernsymptomen der PTBS noch tiefgreifendere Probleme in der Affektregulation, negative Selbstwahrnehmungen sowie Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen. Diese erweiterten Symptome treten typischerweise nach langanhaltenden oder wiederholten traumatischen Ereignissen auf, wie etwa bei fortgesetzter Gewalt sowie psychischem oder physischem Missbrauch (WHO, 2019). Die Hochrechnung der 1-Monats-Prävalenz von Maercker, Hecker, Augsburger und Kleim (2018) ergab eine Schätzung von 1,5 % für PTBS in der Allgemeinbevölkerung Deutschlands. Die Prävalenz von PTBS in der Schweiz liegt bei einer aktuellen Erhebung bei 4.3% (Peter et al., 2023).
Mitarbeitende des Gesundheitswesens müssen daher damit rechnen, mit Menschen in Kontakt zu treten, die durcherlebte Traumaereignisse beeinträchtigt sind, ihre Symptome jedoch teilweise nicht damit in Verbindung bringen. Diese Erkenntnisse stimmen mit den Ergebnissen von Stadtmann, Maercker, Binder und Schnepp (2018) überein, die das Symptommanagement von Patienten mit einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung untersuchten. Die fehlende Erkennung des Zusammenhangs zwischen Traumaereignissen und aktuellen Symptomen kann darauf zurückzuführen sein, dass die Traumaereignisse weit in der Vergangenheit liegen oder infolge der Erkrankung eine teilweise oder vollständige Amnesie besteht. Dies kann durch eine pathologische Verankerung von Erlebnissen im Gedächtnis erklärt werden, bei der das autobiografische Gedächtnis in Bezug auf das Trauma unzureichend elaboriert ist (Maercker, 2019, S. 21). Die aktuelle S3-Leitlinie aus Deutschland weist beispielsweise darauf hin, dass Traumafolgestörungen vermutlich zu selten diagnostiziert werden, besonders wenn die Symptomatik nicht dem klassischen Bild einer PTBS entspricht und das Traumaereignis schon länger zurückliegt (Schäfer et al., 2019, S. 17).
Ältere Menschen haben spezifische, altersbedingte Risikofaktoren wie verringerte kognitive Fähigkeiten, eingeschränkte Mobilität, Rollenveränderungen, den Verlust von Angehörigen oder Veränderungen im Gesundheitszustand. In der Langzeitpflege ist die Erkennung von PTBS besonders herausfordernd, da die Symptome oft nicht als solche erkannt werden und stattdessen als Alterserscheinungen oder Demenz fehlgedeutet werden können (Cook et al., 2017). Die Komplexität zeigt sich auch durch die bidirektionale Beziehung zwischen PTBS und Demenz. Wobei PTBS ein Risikofaktor für die Entwicklung von Demenz ist und der Beginn von Demenz ein Risikofaktor für das verzögerte Auftreten von PTBS ist (Desmarais et al., 2020). Bewohnende können wiederkehrende, ungewollte Erinnerungen an das traumatische Ereignis haben, oft ausgelöst durch scheinbar alltägliche Reize. Dies kann zu Flashbacks oder Albträumen führen, auch zu Gefühlen von Angst und Wut, welche sich durch Aggressionen manifestieren können (American Psychiatric Association, 2013). Die Relevanz von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) oder komplexen posttraumatischen Belastungsstörungen (kPTBS) in der Langzeitpflege ist erheblich. Da Bewohnende möglicherweise multiple Traumata erlebt haben, die erst im Alter durch nachlassende Ressourcen wieder aufleben können.
Ansätze
Pflegende in der Langzeitpflege sollten daher speziell geschult sein, um die Anzeichen von PTBS und kPTBS zu erkennen und angemessene Massnahmen zu ergreifen. Dies umfasst das Verständnis für mögliche Triggermomente, das Bereitstellen einer sicheren und stabilen Umgebung sowie die Förderung einer therapeutischen Beziehung, die Vertrauen und Sicherheit bietet. Eine umfassende und traumasensible Pflege ist essenziell, um das Wohlbefinden der Bewohnenden zu fördern. Zudem erfordert sie in der Langzeitpflege spezielle Ansätze, um Bewohnende, die traumatischen Erlebnisse hatten, angemessen zu unterstützen.
Obwohl das Feld noch wenig erforscht ist, bestehen einige evidenzbasierte Empfehlungen zur Umsetzung.
Fazit
Durch die Umsetzung dieser Empfehlungen kann eine traumasensible Pflegeumgebung etabliert werden, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Bewohner in der Langzeitpflege signifikant verbessert. Langfristig können eine adäquate Behandlung und Betreuung nicht nur die Effektivität der Pflege steigern, sondern auch das Personal vor belastungsbedingten Reaktionen schützen. Angebote des Kompetenzzentrum für psychische Gesundheit umfassen, Inhouse-Schulungen, Coachings, Fallbesprechungen und Supervisionen zum Thema.
Referenzen
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Desmarais, P., Weidman, D., Wassef, A., Bruneau, M.-A., Friedland, J., Bajsarowicz, P., Thibodeau, M.- P., Herrmann, N., & Nguyen, Q. D. (2020). The Interplay Between Post-traumatic Stress Disorder and Dementia: A Systematic Review. The American Journal of Geriatric Psychiatry, 28
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Transkulturelle Kompetenz in der Pflege: Potenziale und Herausforderungen im Schmerzmanagement somalischer Pastoralisten
Eleonore Baum, Dr. sc. med. des.
Der Diskurs über Transkulturalität betont den Austausch und die Interaktion über kulturelle Grenzen hinweg, wobei Kulturen als dynamische und sich fortwährend entwickelnde Prozesse betrachtet werden. In diesem Kontext ist transkulturelle Kompetenz im Pflegebereich von entscheidender Bedeutung, um auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten angemessen einzugehen und über kulturelle Grenzen hinweg auch im Team handlungsfähig zu bleiben. Sie ist ein integraler Bestandteil professioneller Pflege und unerlässlich, um eine qualitativ hochstehende pflegerische Versorgung für eine zunehmend vielfältige Patientenpopulation zu gewährleisten (vgl. Domenig & Agorastos, 2021). Das Schmerzmanagement in einem Sub-Sahara Land dient dabei als Beispiel für die Facetten, mit denen Pflegefachkräfte konfrontiert sind, während sie die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und Lebensweisen ihrer Patientinnen und Patienten berücksichtigen und dabei auch ihre eigene kulturelle Identität reflektieren.
Pastoralisten sind eine Bevölkerungsgruppe, die einer einzigartigen pastoralen Lebensweise folgt. Ihre Lebensgrundlage und Ernährung basieren auf Tierhaltung und landwirtschaftlicher Arbeit (UNICEF Ethiopia, 2018). Die somalische Pastoralistenbevölkerung in Äthiopien ist bekannt für ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den Herausforderungen des täglichen Lebens. Dennoch erhöhen ihre Abgeschiedenheit, der erschwerte Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, saisonale Mobilität (Zinsstag et al., 2006), die körperlich anspruchsvolle Arbeit sowie eine von Konflikten, Vertreibungen und verheerenden Dürren gezeichnete raue Umgebung ihre Vulnerabilität, auch gegenüber chronischen Schmerzen (Carruth, 2014). Hinzukommt, dass viele Frauen dieser Bevölkerungsgruppe von weiblicher Genitalbeschneidung betroffen sind, eine Praxis, die belastende Schmerzen im Alltag verursachen kann (Perović et al., 2020). Politische Entscheidungsträger haben jedoch diese Bevölkerungsgruppe in Äthiopien und ihren begrenzten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen lange Zeit vernachlässigt. Pastoralisten sind in der Schmerzforschung unterrepräsentiert, und bestehende Studien konzentrieren sich häufig auf übertragbare Krankheiten. Das macht es herausfordernd, Forschungsergebnisse in gezielte und kultursensible Empfehlungen für die pflegerische Praxis umzusetzen.
Vor diesem Hintergrund wurde ein Projekt zum Thema Schmerz in der Somali Region Äthiopiens mittels eines sequentiellen Mixed-Methods Ansatzes in- und ausserhalb von Gesundheitseinrichtungen durchgeführt. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH), dem Armauer Hansen Research Institute (AHRI) und der OST durchgeführt im Rahmen der Jigjiga One Health Initiative. Ziel war es, ein tieferes Verständnis dafür zu gewinnen, wie die Pastoralisten selbst Schmerzen erleben, davon im Alltag belastet sind und damit umgehen. Gleichzeitig wurde untersucht, wie die behandelnden Gesundheitsfachpersonen das Schmerzmanagement bei Pastoralisten erleben, um Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis abzuleiten sowie weitere Forschung anzuregen.
Die Resultate aus der Studie mit Gesundheitsfachpersonen zeigten auf, dass insbesondere Pflegefachkräfte spezifische Herausforderungen im Schmerzmanagement für Pastoralisten erlebten (Baum, Abdi, van Eeuwijk et al., 2023). Diese Herausforderungen umfassten Kommunikationsbarrieren, unzureichende interkulturelle Schulungen, begrenzte Ressourcen und mangelnde Vertrautheit mit der nomadischen Lebensweise. Einige Pflegefachkräfte beschreiben dabei paternalistische Haltungen und herablassendes Verhalten gegenüber ihren nomadischen Patientinnen und Patienten, was wiederum die Akzeptanz von Gesundheitsdiensten für die Betroffenen beeinträchtigen könnte. Diese Perspektiven spiegelten sich zum Teil auch in den Erfahrungen der Nomaden wider (Baum, Abdi, Probst-Hensch et al., 2023). Die interviewten Nomaden beschrieben ihre chronischen Schmerzen als multikausale und relationale Erfahrung (Baum, Abdi, Probst-Hensch et al., 2023). Verschiedene Gesundheits- und Krankheitskonzepte (vgl. Kleinman, 2003) mit zugehörigen Praktiken existieren dabei parallel, ohne sich gegenseitig auszuschliessen. Beispiele für soziokulturelle Praktiken sind die Konsumation von Kamelmilch bei Verdauungsproblemen, das Vertrauen auf Kräutermischungen von traditionellen Heilern oder das gezielte Verbrennen der Haut zu Heilungszwecken. Von grösster Bedeutung ist jedoch auch das Gebet nach dem Koran als Antwort auf die göttliche Ursache aller Krankheiten (vgl. Campeau, 2018; Carruth, 2014).
Um Schmerzen von anderen Symptomen oder Krankheiten zu unterscheiden, verwendeten die Pastoralisten keinen eindeutigen Begriff, um Schmerzen in ihrer Sprache zu beschreiben. Zudem behinderte die Stigmatisierung von Schmerz in bestimmten Situationen sowie der Aspekt des Stoizismus in beiden Geschlechtern das offene Berichten über Schmerzen, was wiederum eine Herausforderung für Gesundheitsfachpersonen darstellte.
Unsere Studienergebnisse deuten darauf hin, dass chronische Schmerzen bei Pastoralisten aufgrund soziokultureller, einschliesslich sprachlicher Barrieren oft übersehen werden und aus verschiedenen Gründen eine geringe Priorität in der Gesundheitsversorgung einnehmen. Dennoch haben alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, das Recht auf eine individuell angepasste Schmerzbehandlung (Lohman et al., 2010). Diese Ergebnisse sind auch für unseren Gesundheitskontext relevant, insbesondere weil Studien mit Menschen somalischer Herkunft im Ausland vergleichbare Schmerzkonzepte aufgezeigt haben (Campeau, 2018; Finnström & Söderhamn, 2006; Perović et al., 2020). Darüber hinaus unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung transkultureller Kompetenz in der biomedizinischen Gesundheitsversorgung. Dies erfordert von Pflegefachkräften Neugier und Mut, um unterschiedliche soziokulturell geprägte Verständnisse von Gesundheit und Krankheit zu erkunden, anzuerkennen und in unserem Umgang mit Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen. Eine kultursensitive Kommunikation und empathisches Handeln können die Beziehung zwischen Pflegefachkräften und marginalisierten Patientengruppen verbessern, was sich wiederum positiv auf die Patientenversorgung auswirken kann.
Literaturverzeichnis
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Baum, E., Abdi, S., van Eeuwijk, P., Probst-Hensch, N., Zinsstag, J., Tschopp, R. & Vosseler, B. (2023). “It is difficult for us to treat their pain”. Health professionals’ perceptions of Somali pastoralists in the context of pain management: a conceptual model. Medical humanities. Vorab-Onlinepublikation. https://doi.org/10.1136/medhum-2022-012570
Campeau, K. (2018). Adaptive frameworks of chronic pain: daily remakings of pain and care at a Somali refugee women’s health centre.Medical humanities, 44(2), 96–105. https://doi.org/10.1136/medhum-2017-011418
Carruth, L. (2014). Camel milk, amoxicillin, and a prayer: medical pluralism and medical humanitarian aid in the Somali Region of Ethiopia.Social science & medicine (1982), 120, 405–412. https://doi.org/10.1016/j.socscimed.2014.03.007
Domenig, D. & Agorastos, A. (Hrsg.). (2021). Transkulturelle und transkategoriale Kompetenz: Lehrbuch zum Umgang mit Vielfalt, Verschiedenheit und Diversity für Pflege-, Gesundheits- und Sozialberufe (3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Hogrefe.
Finnström, B. & Söderhamn, O. (2006). Conceptions of pain among Somali women.Journal of advanced nursing, 54(4), 418–425. https://doi.org/10.1111/j.1365-2648.2006.03838.x
Kleinman, A. (2003).Patients and healers in the context of culture: An exploration of the borderland between anthropology, medicine, and psychiatry (8 [print]. Comparative studies of health systems and medical care: Bd. 3. University of California Press.
Lohman, D., Schleifer, R. & Amon, J. J. (2010). Access to pain treatment as a human right. BMC medicine, 8, 8. https://doi.org/10.1186/1741-7015-8-8
Perović, M., Jacobson, D., Glazer, E., Pukall, C. & Einstein, G. (2020). Are you in pain if you say you are not? Accounts of pain in Somali-Canadian women with female genital cutting. Pain. Vorab-Onlinepublikation. https://doi.org/10.1097/j.pain.0000000000002121
UNICEF Ethiopia. (2018). Somali Regional State Budget Brief: 2007/08 – 2015/16. https://www.unicef.org/esa/sites/unicef.org.esa/files/2019-05/UNICEF-Ethiopia-2018-Somali-Regional-State-Budget-Brief.pdf
Zinsstag, J., Ould Taleb, M. & Craig, P. S. (2006). Editorial: health of nomadic pastoralists: new approaches towards equity effectiveness.Tropical medicine & international health : TM & IH, 11(5), 565–568. https://doi.org/10.1111/j.1365-3156.2006.01615.x
Text: Magdalena Vogt und Janine Vetsch
Das Berufsbild der Schulgesundheitsfachkraft (engl. School Health Nurse) gewinnt im deutschsprachigen Raum zunehmend an Bedeutung. Um ihre wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung und -förderung sowie der Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schülern aufzuzeigen, widmet sich diese Themenreihe zum Weltgesundheitstag am 07. April 2024 diesem Berufsbild.
Hintergrund
Die Schulgesundheitsfachkraft ist ein international anerkanntes Berufsbild und stellt eine spezialisierte Rolle in der professionellen Pflege zur Förderung der öffentlichen Gesundheit (engl. Public Health) dar. Sie kann als die pflegerische Komponente im Konzept der gesundheitsfördernden bzw. gesunden Schule verstanden werden. Dabei ist der Public Health Nursing Ansatz zu erwähnen, der im Rahmen der Schulgesundheitspflege die öffentliche Gesundheit im Setting Schule, unter Verwendung von Wissen aus Pflege-, Sozial- und Gesundheitswissenschaften, fördert und schützt [6].
Internationale Studien zeigen verschiedene positive Effekte des Einsatzes von Pflegefachpersonen an Schulen auf, wie:
Aufgabenbereiche
Die globale Leitlinie der WHO (2021) empfiehlt die Einführung eines umfassenden Schulgesundheitsdienstes, der je nach lokalen Rahmenbedingungen und Machbarkeit angepasst werden sollte. Hierbei handelt es sich um starke Empfehlungen mit moderater Evidenz-Qualität. Die Empfehlung ist stark, weil [10]:
Das Spektrum der Angebote von Schulgesundheitsdiensten sollte bestimmte Aufgabenbereiche in Bezug auf verschiedene Gesundheitsbereiche unbedingt umfassen [9, 10]. Folgend werden die Aufgabenbereiche in Bezug auf einige Gesundheitsbereiche dargestellt.
Fazit
Ausgehend von dem im deutschsprachigen Raum noch jungen Berufsbild und den vielfältigen Aufgabenfeldern besteht ein Bedarf an der Entwicklung von Projekten mit Schulgesundheitsfachkräften. Projekte mit und über Schulgesundheitsfachkräfte können die Kernaufgaben der Gesundheits- und Krankenpflege in die Schule integrieren und so ein positives Umfeld für die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler schaffen [2]. Dies eröffnet die Möglichkeit, das traditionelle pflegerische Handlungsspektrum im Sinne des Public Health Nursing Ansatz zu erweitern, um die öffentliche Gesundheit im Setting Schule zu fördern [6]. Die Orientierung am Public Health Nursing Ansatz und die damit verbundene Expertenrolle der Pflegefachpersonen sowie der Einbezug von Erfahrungen aus anderen Ländern könnten sich als hilfreich erweisen.
Literaturverzeichnis
Text: Carola Maurer und Heidrun Gattinger
Körperliche Belastung und Rückenschmerzen sind häufige Probleme bei Pflegepersonen. Ein Review (132 Studien) welcher die Prävalenz von muskuloskelettalen Beschwerden von Pflegefachpersonen und Pflegeassistenzpersonen über verschiedene Settings (Spital, stationäre Langzeitpflege und ambulante Pflege) untersuchte, zeigt folgende durchschnittliche Prävalenz von Rückenzschmerzen (low back pain): 65 % für das gesamte Leben, 55 % für das vergangene Jahr, 44 % für die letzten 3 bis 6 Monate und 35 % für aktuelle Symptome (Davis & Kotowski, 2015).
Hier sind einige Faktoren, die für die körperlichen Belastungen verantwortlich sein können, respektive dazu beitragen, dass sich Rückenschmerzen manifestieren:
Die durch diese Faktoren ausgelösten körperlichen Beschwerden werden von Pflegenden als eine Hauptursache für den Austritt aus dem Pflegeberuf angegeben (Gaudenz, Geest, Schwendimann, & Zúñiga, 2019). Eine weitere Studie zeigt, dass bereits Pflegestudierende über muskuloskelettale Beschwerden klagen (Crawford, Volken, Schaffert, & Bucher, 2018). Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels muss der körperlichen und psychischen Gesundheit der Pflegepersonen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Ansätze zur Förderung der Rückengesundheit
Interventionen zur Förderung der Rückengesundheit von Pflegepersonen konzentrierten sich vor allem auf den Einsatz von Hilfsmittel sowie Schulungen und Trainings. Allerdings gibt es keine eindeutige Evidenz für diese Art Einzelinterventionen. Am vielversprechendsten ist eine Kombination von Ansätzen welche Schulungen, den Einsatz von Hilfsmittel sowie psychosoziale und organisatorische Strategien wie die Entwicklung von Führungskräften adressieren (Bernal et al., 2015; Caponecchia et al., 2020). Kinästhetik als ressourcenorientierter Ansatz berücksichtigt oben genannte Aspekte.
Der Begriff Kinästhetik beschreibt die „Fähigkeit, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern“ (Bibliographisches Institut GmbH, 2020). Er schliesst neben den Ressourcen der an der jeweiligen Interaktion beteiligten Personen auch die Ressourcennutzung der Umgebung mit ein. Das Schulungsprogramm Kinästhetik in der Pflege stellt die Qualität der Unterstützung von alltäglichen Aktivitäten ins Zentrum. Dabei geht es immer um die Frage, wie diese Unterstützungen individuell angepasst so gestaltet werden können, dass sowohl die unterstützende wie auch unterstützte Personen ihre Bewegungskompetenz weiterentwickeln können. Beide Zielgruppen sollen sich selbst als wirksam erfahren (European Kinaesthetics Association, 2020).
Eine hohe Kinästhetikkompetenz befähigt die Pflegenden einerseits pflegebedürftige Menschen in ihren Alltagsbewegungen so zu unterstützen, dass sie dabei ihre Bewegungskompetenz entwickeln können und andererseits sich dabei körperlich nicht zu überlasten (Gattinger, Leino-Kilpi, et al., 2017). Die Kinästhetikkompetenz beinhaltet die Dimensionen Wissen, Fertigkeiten, Haltung und Weiterentwicklung. Das heisst, Pflegepersonen benötigen Wissen über die theoretischen Grundlagen von Kinästhetik, zum Beispiel wie die Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung miteinander in Verbindung stehen. Sie benötigen Fertigkeiten (Skills) bezüglich der Interaktion, der Bewegungsunterstützung der pflegebedürftigen Person, der eigenen Bewegung und der Umgebungsgestaltung, also ein Verständnis dafür, die Umgebung so zu gestalten, dass die Eigenbewegung der pflegebedürftigen Person gefördert wird. Zudem benötigen Pflegepersonen eine entsprechende Haltung, die den Lern- und Entwicklungsprozess eines jeden Menschen anerkennt. Überdies sollten sie selbst offen für die persönliche Weiterentwicklung sein, die es ihnen ermöglicht, aufgrund der Erfahrungen im Pflegealltag individuelle und der Situation angepasste Lernangebote zu entwickeln (Gattinger, Senn, et al., 2017).
Forschungsergebnisse zu Kinästhetik
Bei der Forschung zur Wirkung von Kinästhetik stehen wir noch in den Anfängen und eindeutige Forschungsevidenz zum Nutzen fehlt (Freiberg et al., 2016; Gattinger, Leino-Kilpi, et al., 2017). Damit Kinästhetik Wirkung entfalten kann, muss sich erst die Kinästhetikkompetenz der Pflegenden ausbilden (Gattinger & Hantikainen, 2018). Diese Kompetenzentwicklung basiert auf einem komplexen Zusammenspiel von individuellem wie auch organisationalem Lernen (Maurer, Gattinger, & Mayer, 2021, 2022).
Es gibt jedoch erste Hinweise auf die positiven Auswirkungen einer höheren Kinästhetikkompetenz bei Pflegenden hinsichtlich muskuloskelettaler Beschwerden. So zeigt die AdKinPal Studie (Advanced Kinaesthetics in Palliative Care), dass Pflegende mit einer niedrigeren Kinästhetikkompetenz signifikant öfter Schmerzen im unteren Rücken, dem Nacken und den Schultern haben (Gattinger et al., 2023). Zudem beschreiben Pflegende, Betreuungspersonen und Leitungspersonen in verschiedenen Settings, dass sie durch die Entwicklung der Kinästhetikkompetenz positive Auswirkungen auf ihre Rückengesundheit wahrnehmen (Maurer, Brenner, Wulfgramm, & Gattinger, 2024). In Interviews berichten die Mitarbeitenden unter anderem, dass sie sich in Interaktionssituationen achtsamer bewegen und sich dadurch muskuloskelettale Beschwerden reduziert haben (Maurer et al., 2024). Die Aussagen der Mitarbeitenden weisen darauf hin, dass sie durch eine gesteigerte Kinästhetikkompetenz nicht nur ihre Gesundheit erhalten, sondern diese sogar verbessern können (Maurer et al., 2022).
Fazit
Auch wenn die Forschungsevidenz in Bezug auf die Wirkung einer erhöhten Kinästhetikkompetenz noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es dennoch erste positive Hinweise, die auf einen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Kinästhetikkompetenz und einer Reduzierung muskuloskelettaler Beschwerden deuten.
Literatur
Förderung von körperlicher Aktivität bei Menschen mit Lungenkrebs in einer onkologischen Tagesklinik initiiert durch Pflegefachpersonen – Entwicklung eines personenzentrierten, interprofessionellen Bewegungskonzeptes
Text: Ramona Engst und Antje Koller
Link zur Projektwebsite
Ein Projekt des Kompetenzzentrums Onkologische Pflegeforschung und Lehre (OnkOs) und gefördert von der Lungenliga St. Gallen / Appenzell
Menschen mit Lungenkrebs werden heutzutage vor allem ambulant therapiert. Das bedeutet, dass sie häufig nur einige Stunden pro Woche mit Fachleuten des Gesundheitswesens in Kontakt kommen. Das OnkoMoveNurse-Projekt untersucht, ob und wie Pflegefachpersonen und andere Gesundheitsfachpersonen in onkologischen Tageskliniken die wertvolle Zeit des Kontakts nutzen könnten, um auf Basis der neusten verfügbaren Evidenz, körperliche Aktivität bei Menschen mit Lungenkrebs zu fördern.
Die Fachleute sind sich einig, dass körperliche Aktivität eine wichtige Rolle im gesamten Behandlungsprozess von Personen mit Lungenkrebs spielt. Sich während der Behandlung in Bewegung zu halten, verringert belastende Symptome wie Husten und Atemnot und verbessert die Lebensqualität der Betroffenen. Jedoch sind insbesondere Menschen mit Lungenkrebs zum Zeitpunkt der Diagnose weniger aktiv als gesunde Menschen. Und die körperliche Aktivität nimmt während der Lungenkrebsbehandlung sogar weiter drastisch ab. Gründe dafür können ein schlechterer Allgemeinzustand, insbesondere Atemlosigkeit, Husten und Sauerstoffmangel sein.
In diesem Projekt sollen Menschen mit Lungenkrebs während des Aufenthalts in der onkologischen Tagesklinik vor, während und nach der Therapie, wenn sie beispielsweise Chemotherapie oder Immuntherapie erhalten, dabei unterstützt werden, sich körperlich zu bewegen, um mehr Aktivität in ihren Alltag zu integrieren.
Dafür wurde ein Bewegungskonzept von ausgewiesenen, interprofessionellen Expertinnen und Experten aus den Bereichen der onkologischen Pflege, Medizin (Onkologin und Lungenfacharzt), Physiotherapie, Sportwissenschaft, sowie einer Betroffenen entwickelt. Das Vorgehen ist auf unserer Homepage einzusehen.
Das Bewegungskonzept für eine ambulante onkologische Tagesklinik basiert auf drei Kernkomponenten und zwei übergeordneten Orientierungen. Die Kernkomponenten sind (1) die Bewegungsübungen in einem modularen Aufbau, (2) das Sicherheitskonzept und (3) das Kommunikationskonzept. Die (4) Teamorientierung und (5) die Personenzentrierung stellen die übergeordnete Orientierung dar. Abbildung 1 zeigt das Bewegungskonzept schematisch.
Die fünf Komponenten sind obligatorischer Bestandteil des Bewegungskonzepts. Für die Ausgestaltung spielen aber der lokale Kontext, wie z.B. räumliche und regulatorische Rahmenbedingungen eine grosse Rolle. Im Bewegungskonzept wird für jede Komponente genau beschrieben, welche individuellen Anpassungen vorgenommen werden können und sollen, um es für sie passend zu machen.
Im nächsten Schritt wird die Implementierung des Bewegungskonzepts auf einer Tagesklinik mit einer Studie im convergenten mixed methods design evaluiert. In der Studie werden von Betroffenen und von Fachpersonen sowohl qualitative als auch quantitative Daten erfasst. Die qualitativen Daten stammen vom sogen. digital storytelling, einer Methode, die wir bereits erfolgreich in einer grossen vorangegangenen Studie verwendet haben, sowie von persönlichen Interviews und Feedbackbögen. Die quantitativen Daten stammen von Fragebogenumfragen.
Nutzen für die Betroffenen
Weg vom «Sollen» hin zum «Tun». Pflegefachpersonen der ambulanten Tagesklinik können ihr Repertoire an sicheren, niederschwelligen und wirkungsvollen Bewegungsinterventionen für Menschen mit Lungenkrebs anhand des webbasierten «Bewegungskataloges» erweitern und mit Hilfe des Bewegungskonzeptes in den Therapiealltag etablieren. Auf lange Sicht kann dies die Chancen der Menschen mit Lungenkrebs verbessern, die Symptombelastung vor allem Husten und Dyspnoe zu verringern und die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu verbessern.
Übersetzt und kommentiert von Antje Koller
Einleitung:
Es gibt Empfehlungen zum Spülen der Infusionsleitungen bei Verabreichung von Chemotherapeutika (CHTs). Die Spülung mit einer Infusionslösung wie Kochsalz 0.9% oder ähnliches soll nach der Chemotherapiegabe auf der einen Seite gewährleisten, dass die gesamte Dosis der CHTs verabreicht wird. Auf der anderen Seite soll es verhindern, dass Pflegefachpersonen beim "Abstöpseln" mit dem CHT in Kontakt kommen oder die Medikamente in die Umwelt gelangen. Vor allem die Tropfkammer, die sich zwischen dem Beutel mit dem CHT und dem Schlauchsystem befindet, aber auch das Volumen der Infusionsleitung müssen bei der Spülmenge bedacht werden. Ziel dieser Studie war es, gängige Spülpraktiken im stationären Setting sowie in Tageskliniken zu evaluieren und die Wirksamkeit des Spülens für drei CHTs zu untersuchen.
Methoden:
Die Studie wurde in Paris durchgeführt. In 5 stationären Abteilungen wurden 20 Infusionsleitungen und in 2 Tageskliniken wurden 20 Infusionsleitungen eingesammelt, die für die Routinegabe von Chemotherapeutika verwendet worden waren. Die Infusionsleitungen bestanden immer aus einer Hauptleitung, die mit dem IV-Zugang der Patientin oder des Patienten verbunden war. Eine oder mehrere weitere Leitungen, einschliesslich des CHT-Infusionssets, waren über Absperrhähne mit der Hauptleitung verbunden. In den Spitälern war ein Mindest-Spülvolumen von 50 ml vorgegeben. In den stationären Abteilungen wurden nach dem Spülen nur die Nebenlungen entfernt, während die Hauptleitung meist verblieb, da die Betroffenen weitere intravenöse Medikamente oder Flüssigkeit erhielten. In den Tageskliniken wurde am Ende der Behandlung die gesamte Infusionsleitung beim IV-Zugang entfernt. Es wurden drei CHTs mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften untersucht: Etoposid (ETO), Paclitaxel (PAC) und Cyclophosphamid (CPH). ETO wurde nur im stationären Setting verabreicht, PAC nur im ambulanten Bereich und CPH in beiden Bereichen. Für die Auswertung wurden nur die Leitungen untersucht, der CHT-Beutel wurde abgetrennt. Bei verbleibender Restmenge wurde der Spülbeutel gewogen, um das tatsächliche Spülvolumen zu schätzen. In den Infusionsleitungen wurden das Residualvolumen und die Konzentration des CHT mit Massenspektrometrie und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gemessen.
Ergebnisse:
Die 40 CHTs waren von 26 Pflegefachpersonen verabreicht worden. Die Messungen ergaben, dass 2 der 40 Leitungen (5%) offensichtlich nicht gespült worden waren. Diese 2 Infusionsleitungen wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die stationären und ambulanten Bereiche unterschieden sich in den jeweiligen Spülpraktiken. In den Spitälern wurden immer (n=20) 100 ml Beutel zur Spülung verwendet. Das daraus resultierende Spülvolumen betrug ±88 ml. In den Tageskliniken wurden sowohl 50 ml (n=13; Spülvolumen ±35 ml) als auch 100 ml Beutel (n=5) verwendet. Die Spülvolumina und die verbleibenden CHT-Konzentrationen in den Leitungen unterschieden sich somit signifikant zwischen Spital und Tageskliniken.
Je mehr Spülflüssigkeit genommen wurde, desto geringer war die Restmenge des CHT-Wirkstoffs, aber alle Infusionsleitungen enthielten nach dem Spülen noch CHT. Die verbleibende Menge CHT in den Leitungen lag zwischen 0.002 und 2.7% der verschriebenen Dosis.
Schlussfolgerungen:
Die Empfehlungen, 100 ml zum Spülen von Infusionsleitungen nach der CHT-Gabe zu verwenden, wurden im stationären Bereich vollständig und in den Tageskliniken teilweise umgesetzt. Die Verwendung kleinerer Volumina in Tageskliniken hing wahrscheinlich mit der kürzeren Verweildauer der Patientinnen und Patienten zusammen. Alle Infusionsleitungen enthielten immer noch Rückstände von CHTs, auch wenn bei manchen das Spülvolumen sogar höher war als empfohlen. Dies zeigt, dass Personen, die die Infusionsleitungen, über die CHTs liefen, diskonnektierten in allen Fällen trotz der Spülung einem Risiko ausgesetzt waren. Man muss mindestens 100 ml Beutel verwenden, um ein Spülvolumen von mehr als 50 ml zu erreichen. Da die Tropfkammer einer der Gründe ist, dass die gängigen Spülungen nicht ausreichten, empfahlen die Autorinnen und Autoren, die Leitung vor Entfernung direkt am Zugang noch einmal zu spülen. Es ist auch wichtig, persönliche Schutzausrüstung zu verwenden und wenn möglich, geschlossene CHT-Sicherheitssysteme zu verwenden.
Kommentar der Autorin:
Die unmittelbare Sicherheit der Pflegefachpersonen steht an oberster Stelle. Aber auch die kumulierte Kontamination des Arbeitsumfeldes in den Spitälern und Tageskliniken, in denen CHT verabreicht werden, ist über die Zeit betrachtet wahrscheinlich hoch. Ein wichtiges Thema scheint zudem, dass die präzise errechnete Dosierung trotz Spülung nicht unbedingt bei den Betroffenen ankommt. Nach dieser Studie sollten die gängigen Spülpraktiken in Spitälern und vor allem in Tageskliniken überprüft werden. Dabei ist der Blick für die Details wichtig: Das langsame Verdünnen der CHTs "Tropfen für Tropfen" in der Tropfkammer ist natürlich weniger effizient, als wenn mit einer Spritze mit einem sicheren Luer-Lock Anschluss an einem Dreiwegehahn der Infusionsschlauch direkt mit etwas Druck gespült wird. Schneller gestellt werden darf allerdings nicht, solange sich noch konzentrierte CHT in der Leitung befindet. Wie sich Pflegefachpersonen an die Vorgaben zum Spülen der Infusionsleitungen halten können, sollte ebenfalls genau betrachtet werden. Eine Lösung das Problem zu beheben, wäre der konsequente Einsatz von CHT‑Sicherheitssystemen der neusten Generation mit sogenannten Closed System Transfer Divices (CSTDs).
Meiner Erfahrung nach sollten wir uns auf Basis der vorliegenden Studie unsere Spülpraxis genau ansehen und auf die problematischen Punkte schauen. Die Reste sind aus zwei Gründen problematisch: die Kontamination (der Fachpersonen und der Umgebung) sowie die verbleibende Restmenge, die nicht der Patientin oder dem Patienten zugutekommt. Auch wenn keine allgemeingültigen Aussagen für jeden Bereich gemacht werden können, liste ich im Folgenden einige der "Knackpunkte":
Autorinnen: Magdalena Vogt und Janine Vetsch
Am 26. Januar findet in Deutschland der «Tag des Patienten» statt. Das Ziel dabei ist es, die Situation und Rolle von Patientinnen und Patienten durch Information, Mitwirkung und Mitentscheidung zu stärken und zu verbessern und auf die Rechte von Patientinnen und Patienten zu verweisen [1].
Eines der Patientenrechte ist unter anderem das Recht auf eine dem Stand der Wissenschaften entsprechende (medizinische/pflegerische) Versorgung. Die stärkere Berücksichtigung der Patientenrechte und eine stärkere Partizipation der Patientinnen und Patienten sind wichtige Ziele der gesundheitspolitischen Agenda Gesundheit 2020 [2].
Auch die pflegerische Versorgung soll laut Gesetzgebung auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, sprich evidenzbasiert sein [3]. Unter einer evidenzbasierten Praxis (EbP) in der Pflege versteht man die Nutzung der derzeit besten wissenschaftlich belegten Erfahrungen Dritter (externe Evidenz) im individuellen Arbeitsbündnis zwischen einzigartigen Pflegebedürftigen oder einzigartigem Pflegesystem und professionell Pflegenden (interne Evidenz). Es ist eine Methode zur Verknüpfung von interner und externer Evidenz im einzigartigen Einzelfall des/der Patient/in [4].
Die sechs Schritte der evidenzbasierten Pflege sind folgende [4]:
Wie finde und nutze ich externe Evidenz?
Das Stellen und Beantworten klinischer Fragen sowie das Auffinden und Verstehen wissenschaftlicher Literatur bilden zentrale Säulen der evidenzbasierten Praxis [4]. Die Wissensplattform «FIT-Nursing Care» soll hier Abhilfe schaffen, indem sie den Zugang zum aktuellen Stand der Pflegewissenschaft eröffnet und klinische Fragen aus der Praxis evidenzbasiert beantwortet. Ziel von FIT-Nursing Care ist es, das evidenzbasierte Denken und Handeln von Pflegefachpersonen zu fördern. So werden Pflegefachpersonen bei zeitaufwändigen Sucharbeiten entlastet [5].
Das Informationsportal RefHunter hat das Ziel, Recherchierende bei der Wahl einer geeigneten Vorgehensweise für ihr jeweiliges Recherchevorhaben zu unterstützen und gleichzeitig den fachlich-methodischen Austausch zum Thema Literaturrecherche zu fördern. Dazu werden relevante Inhalte, Funktionen und Besonderheiten von Fachdatenbanken aufgezeigt sowie die Vorgehensweise zur systematischen Literaturrecherche dargestellt [6].
Unsere Interprofessionelle Fortbildung «Evidenzbasierte Entscheidungsfindung für die klinische Praxis» will Teilnehmenden dabei helfen, wissenschaftliche Belege in den beruflichen Kontext einzubeziehen. Die nächste Fortbildung findet am Mittwoch, 20. März 2024 an der OST in St.Gallen statt. Hier erhalten Sie weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung.
Wir bieten auch ein individuelles EBP -Coaching für Institutionen, welches auf Sie massgeschneiderte Themen diskutiert und vermittelt. Weitere Informationen finden Sie Hier.
Folgender Fachbeitrag gibt einen vertieften Einblick in das Auffinden von wissenschaftlichen Arbeiten: Studien: gesucht gefunden.
Literatur
AGE-INT (Internationale Expertise für das Leben im Alter) ist ein nationales Projekt, um zukunftsfähige Lösungen für das Altern in der Schweiz anzustossen. Es wird finanziell von den beteiligten Hochschulen (Lead: OST – Ostschweizer Fachhochschule; Berner Fachhochschule, Fachhochschule der italienischen Schweiz (SUPSI) und Universität Genf) sowie dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) gefördert. Am Standort St. Gallen stehen die Themen „Dementia Care Research, virtuelle Bildungspraktiken und Technikentwicklung“ im Fokus. Wir bearbeiten in diesem Themenfeld die folgenden laufenden Teilprojekte, die wir hier gerne kurz vorstellen.
Pflegerische Mobilitätsförderung bei Menschen mit Demenz
Im Rahmen dieses Projektes entwickeln wir eine pflegegeleitete Intervention für körperliches Training von Menschen mit Demenz in Alters- und Pflegeheimen und flankierend dazu ein evidenzbasiertes Manual im Sinne einer Praxisleitlinie. Zentral ist für uns ist eine gute Implementierbarkeit, da Effekte ähnlicher Programme schon evident sind. Einen Überblick zu bestehenden Programmen in dem Bereich und dazugehörigen Implementierungsfaktoren finden Sie in unserem Review unter folgendem LINK (Preprint).
Kontakt: Prof. Dr. Steffen Heinrich, steffen.heinrich@ ost.ch
Implementierung einer hochwertigen Pflege für Personen mit Demenz im Akutspital: Empfehlungen für die Praxisentwicklung (IDeA)
Das Ziel dieses Projektes ist es, Empfehlungen für die Implementierung einer hochwertigen Pflege und Betreuung von Personen mit Demenz im Akutspital zu entwickeln. Dabei orientieren wir uns an einem bestehenden Rahmenkonzept für die Pflege von Personen mit Demenz im Akutspital und erweitern dieses um Strategien für die Implementierung sowie möglichen Barrieren und Förderfaktoren. Das Projekt fokussiert auf den deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz = DACH) und damit auf die sich darin befindlichen Strukturen im Akutsetting.
Kontakt: Prof. Dr. Heidi Zeller, heidi.zeller@ ost.ch
Entwicklung und Evaluation von immersiven virtuellen Praktiken
Gemeinsam mit Expert:innen aus dem Bereich VR gestalten wir im Rahmen des Projektes eine Anwendung, um Studierenden und Pflegenden Einblicke in die Lebenswelt von Personen mit Demenz zu geben und eigene Erfahrungen zu sammeln. Damit wollen wir das kognitiv-rationale Lernen mit einem erlebensorientierten, emotional-empathischen Ansatz ergänzen und fördern. Zudem soll die verständnisvolle Kommunikation mit Menschen mit Demenz gefördert werden. Dies soll alltägliche Barrieren für die soziale Teilhabe von Menschen mit Demenz reduzieren.
Kontakt: Prof. Dr. Thomas Beer, thomas.beer@ ost.ch
Innovationszentrum zum Mitmachen
Der Frage, wie der Transfer von Wissen und Erfahrung auf pragmatisch-praktischer Ebene gestaltet werden kann widmet sich das SimDeC – das Wohnlabor am Departement Gesundheit der OST. In einem partnerschaftlichen Ansatz mit der Stiftung Wohnen + Bleiben, und der digitalen Infrastruktur aus dem Projekt WiQQi gilt es, Probleme und Herausforderungen des Alltags mit technischen Lösungen zu bewältigen oder die gesetzten Ziele mit technischer Unterstützung zu erreichen. Hierzu wird ein Wissens- und Erfahrungskreislauf adressiert, der technische Lösungen zum Anfassen und Ausprobieren in die Quartiere trägt und damit für Möglichkeiten wie auch grenzen dieser Lösungen - vor allem aber auch für Bedarfslagen sensibilisiert. Im Gegenzug bringen sich die Bürgerinnen und Bürger mit Ihrer Lebenserfahrung und Ihrer Perspektive in der Reflexion dieser Technischen Lösungen ein. Weitere Informationen: https://simdec.ch/izm (Preprint)
Kontakt: Josef M. Huber, josef.huber@ ost.ch
Strategien, um Personen mit Demenz für Forschungsvorhaben zu gewinnen
Um herauszufinden, welche Strategien bereits angewendet wurden, um Personen mit Demenz für ein Forschungsprojekt zu rekrutieren und wie erfolgreich bzw. vielversprechend diese Strategien sind, haben wir einen tiefen Blick in die Literatur geworfen. Wir konnten leider nur 10 – zumeist kleine – Studien finden, welche Hinweise auf die Beantwortung der Frage liefern. Studieninformationen, die über elektronisches und gedrucktes Material verteilt wurden, und Partnerschaften mit klinischen Dienstleistern erreichten die meisten rekrutierten Teilnehmenden, während Werbeanzeigen am teuersten waren. Unsere Ergebnisse können Forschungsteams bei der Gestaltung ihrer Strategien zur Rekrutierung von Personen mit Demenz informieren und anleiten. Zukünftige Forschung sollte darauf abzielen, demenzspezifische Rekrutierungsstrategien zu entwickeln.
Die Details zum methodischen Vorgehen sind in einem zentralen Studienregister für Literaturarbeiten hinterlegt:https://www.crd.york.ac.uk/PROSPERO/display_record.php?RecordID=342600
Kontakt: Dr. Julian Hirt,julian.hirt@ ost.ch
Weitere Informationen sind auf der Webseite des Projekts zu finden: https://age-int.ch/
Breast Cancer Awareness Month
Text: Eleonore Baum und Andrea Kobleder
Link zur Projektwebsite
Ein Projekt des Kompetenzzentrums Onkologische Pflegeforschung und Lehre (OnkOs) und gefördert von der Krebsforschung Schweiz.
Die TANGO-Studie untersucht die Bedeutung von Vertrauen bei Frauen mit einer gynäkologischen Krebserkrankung im Behandlungsverlauf. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, neuralgische Punkte im interprofessionellen Versorgungsprozess aufzudecken. Zudem sollen Massnahmen aufgezeigt werden, wie die betroffenen Frauen und ihre Angehörigen im Therapiealltag unterstützt werden können.
Die zunehmende Fragmentierung, Spezialisierung und daraus entstehende Komplexität führen in der medizinischen Versorgung dazu, dass der Stellenwert von Vertrauen zunimmt. Dem gegenüber steht der aufstrebende Gedanke der Patientenautonomie des letzten Jahrhunderts. Frauen mit Brust- und gynäkologischen Krebserkrankung werden über Monate hinweg von unterschiedlichen Fachpersonen betreut. Vertrauen spielt dabei eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Adhärenz und ihrem Wohlbefinden.
Das Projektteam begleitete 12 Patientinnen in zwei Schweizer Brustzentren über ihren gesamten Behandlungspfad über mehrere Monate hinweg. Die Begleitung und Datensammlung erfolgten primär mittels der Methode des "digital Storytelling". Dabei teilten die Patientinnen regelmässig Erfahrungen (via Textnachrichten aber auch Fotos) über den Messenger-Dienst Threema mit dem Forschungsteam. Vertrauen in die Fachpersonen als Teil der “Behandlungs-Maschinerie” wurde massgeblich beeinflusst durch bestimmte Kontextfaktoren (u.a. Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen) aber auch durch einen professionellen sowie menschlichen Umgang.
Einen spannenden Einblick in das Projekt liefert eine Podcast-Folge in der die Projektleiterin Andrea Kobleder gemeinsam mit einer Betroffenen die Relevanz von Vertrauen in der onkologischen Behandlung und Betreuung diskutieren.
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Dieses Projekt erzeugt auf Basis von Co Creation nach Mental Health Europe eine nachhaltige Förderung und Erhaltung der psychischen Gesundheit der Jugendlichen am Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen (BZGS).
Text: Prof. Dr. Manuel Stadtmann
Link zur Projektwebseite: https://www.youcoment.com
Ein Projekt des Kompetenzzentrum Psychische Gesundheit, des IDEE Institut für Innovation, Design und Engineering, der sozialen Arbeit der OST sowie dem Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen
Die psychische Gesundheit während der Ausbildung ist heute von besonderer Relevanz, da sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren verändert haben und die Anforderungen an die Auszubildenden gestiegen sind, produktiver und effizienter zu sein. Eine Ausbildung zu absolvieren und erfolgreich abzuschliessen, stellt die Jugendlichen vor grosse Herausforderungen. Vierzehn Prozent der Ausbildungen verlaufen nicht regulär und führen zu einer Wiederholung, einem Wechsel des Lehrvertrags oder einem Lehrabbruch (Berweger et al., 2013). In einer aktuellen Berufsstudie untersuchten Trede et. al. (2017) die durchschnittliche psycho-physische Belastung von Auszubildenden und beschrieben ein Stressniveau im mittleren bis unteren Bereich. Allerdings ist im Laufe der Zeit eine Zunahme der Belastung zu beobachten. Berufsbildungszentren im Schweizer Gesundheits- und Sozialwesen sind mit zusätzlichen Anforderungen zur Erhaltung der psychischen Gesundheit ihrer Auszubildenden konfrontiert (Bollinger-Salzmann, Müller & Omlin, 2015). Jugendliche werden bereits während der Ausbildung mit Themen wie Sterben, Krankheit, schweren Schicksalsschlägen, Altern oder Ekelgefühlen konfrontiert, während sie sich noch im Prozess der eigenen Entwicklung befinden. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Heranwachsenden haben (Bollinger et al., 2015). Insbesondere im Rahmen der Berufsausbildung müssen Möglichkeiten bestehen, psychischen Erkrankungen durch Prävention, Früherkennung und Frühintervention zu begegnen.
Um den besonderen Herausforderungen berufsbildender Schulen im Gesundheitsbereich gerecht zu werden, verfolgten bisherige Studien des Kompetenzzentrums für psychische Gesundheit folgende Ziele: Den aktuellen Stand der psychischen Gesundheit von Auszubildenden am Bildungszentrum zu erfassen und individuelle Risiko- und Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit von Auszubildenden zu identifizieren. Dieser erste empirische Teile des YouCoMent-Projekts wurde zwischen Januar und April 2023 am Bildungszentrum für Gesundheits- und Pflegeberufe in St. Gallen (BZGS) durchgeführt. Für den quantitativen Teil wurden alle rund 2800 Auszubildenden über die BZGS-internen E-Mail-Verteiler zur Teilnahme aufgefordert. Die Teilnahme war freiwillig. Die Rücklaufquote lag bei 42,75% mit 1197 Teilnehmern. Die Ergebnisse zeigten verschiedene Belastungen und Symptome im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit auf. Um die Ergebnisse zu vertiefen, wurden 6 Fokusgruppeninterviews mit insgesamt 41 Jugendlichen durchgeführt. Wissenschaftliche Publikationen befinden sich im Einreichungs- oder im Entwicklungsprozess.
In einem nächsten Schritt wird das Kompetenzzentrum diese Ergebnisse mit den Jugendlichen vor Ort teilen und mittels dem Co Creation Ansatz nach Mental Health Europe Interventionen entwickeln.
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Multiple Sklerose in der stationären Rehabilitation: Die Bedürfnisse der MS-Betroffenen und die Erfahrungen des multidisziplinären Behandlungsteams der pflegerischen Betreuung
Text: Prof. Dr. Myrta Kohler
Bildrechte: Kliniken Valens
Ein Projekt des Kompetenzzentrums Rehabilitation & Gesundheitsförderung der Ostschweizer Fachhochschule sowie der Kliniken Valens
In der Schweiz leben derzeit circa 15'000 Multiple Sklerose (MS) Betroffenen, wobei täglich eine Person neu mit MS diagnostiziert wird. Die Symptombehandlung in den fortgeschrittenen MS Stadien erfolgt häufig in einer Rehabilitationsklinik, da aufgrund der unvorhersehbare MS Krankheitsentwicklung und dessen Komplexität angemessene pflegerische Interventionen notwendig sind.
Die Literatur hat aufgezeigt, dass eine kontinuierliche, partizipative und vertrauensvolle Beziehung zwischen den MS-Betroffenen und den Fachpersonen eine wichtige Grundlage für eine Behandlung ist. Durch das Vertrauen in die Beziehung zwischen Fachperson und MS-Betroffenen wird das Symptommanagement, die Patientenzufriedenheit, das Gesundheitsverhalten und die Lebensqualität gesteigert. Studien zeigen zudem eine verbesserte Koordination innerhalb der Dienste und eine Kostenreduktion durch den Einsatz einer MS- Pflegesprechstunde.
Unseres Wissens nach wurde in der Schweiz noch keine forschungsgestützte pflegerische Betreuungsinterventionen (MS Pflegesprechstunde) für die stationäre Rehabilitation erfolgreich entwickelt, implementiert und evaluiert. Bevor mit einer solchen Entwicklung in der Rehabilitation gestartet werden kann, müssen die Bedürfnisse an diese pflegerische Betreuung aufseiten der MS-Betroffenen und dem multidisziplinären Behandlungsteam erfasst werden. So können diese bestmöglich in die Interventionsentwicklung einfliessen.
Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Studie war es zu erfassen, wie MS-Betroffenenund das multidisziplinäre Team die pflegerische Betreuung in der stationären Rehabilitation erleben. Dies mit dem Fokus Patientinnen und Patientenbedürfnisse und deren Erfahrungen zu verstehen. Gleichzeitig wird die Erfahrung des multidisziplinären Behandlungsteams zur pflegerischen Betreuung erfragt.
Basierend auf den Ergebnissen wird zukünftig eine forschungsgestützte pflegerische Betreuungsintervention (MS Pflegesprechstunde) in einer Rehabilitationsklinik entwickelt, implementiert und evaluiert. Die Kontinuität in der pflegerischen Betreuung von MS-Betroffenen über den gesamten Krankheitsverlauf soll so verbessert werden.
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Bildrechte Kliniken Valens
Lesen Sie eine aktuelle qualitative Studie (in Englisch) zum Thema
Das Kompetenzzentrum Rehabilitation & Gesundheitsförderung sowie die Kliniken Valens haben sich im Zuge der Entwicklung einer Pflegeberatung für Menschen die an Multipler Sklerose erkrankt sind, eine qualitative Studie durchgeführt. Dabei wurden sowohl Betroffene als auch das Behandlungsteam in der Rehabilitation interviewt, um ihre Sichtweisen bezüglich der Rehabilitationspflege und einer pflegerischen Beratung darzustellen.
Lesen Sie eine FIT-Synopse zum Thema
Informationsvermittlung an Menschen mit Multipler Sklerose (FIT-Synopse)
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