Themenreihe April 2024

07. April ist Weltgesundheitstag

Gesund in der Schule durch Schulgesundheitsfachkräfte

Text: Magdalena Vogt und Janine Vetsch

Das Berufsbild der Schulgesundheitsfachkraft (engl. School Health Nurse) gewinnt im deutschsprachigen Raum zunehmend an Bedeutung. Um ihre wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung und -förderung sowie der Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schülern aufzuzeigen, widmet sich diese Themenreihe zum Weltgesundheitstag am 07. April 2024 diesem Berufsbild.

Hintergrund

Die Schulgesundheitsfachkraft ist ein international anerkanntes Berufsbild und stellt eine spezialisierte Rolle in der professionellen Pflege zur Förderung der öffentlichen Gesundheit (engl. Public Health) dar. Sie kann als die pflegerische Komponente im Konzept der gesundheitsfördernden bzw. gesunden Schule verstanden werden. Dabei ist der Public Health Nursing Ansatz zu erwähnen, der im Rahmen der Schulgesundheitspflege die öffentliche Gesundheit im Setting Schule, unter Verwendung von Wissen aus Pflege-, Sozial- und Gesundheitswissenschaften, fördert und schützt [6]. 

Internationale Studien zeigen verschiedene positive Effekte des Einsatzes von Pflegefachpersonen an Schulen auf, wie:

  • Die Verbesserung des Gesundheitszustandes und der schulischen Leistung chronisch kranker Kinder [1, 4].
  • Die Verbesserung des Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schüler [7] sowie Förderung des Selbstmanagements und der Gesundheitskompetenz [1].
  • Die Reduktion von Fehlzeiten [3].
  • Die Verbesserung der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern [5].
  • Die Reduktion Gesundheits- und ökonomischer Kosten, z. B. durch Senkung des Risikos für spätere Erkrankungen und weniger Fehlzeiten der Eltern am Arbeitsplatz, weil sie ihre Kinder seltener von der Schule abholen [8].
  • Die Entlastung der Lehrpersonen von gesundheitsbezogenen Aufgaben, wodurch sie sich verstärkt ihrem Bildungsauftrag widmen können [8].

Aufgabenbereiche

Die globale Leitlinie der WHO (2021) empfiehlt die Einführung eines umfassenden Schulgesundheitsdienstes, der je nach lokalen Rahmenbedingungen und Machbarkeit angepasst werden sollte. Hierbei handelt es sich um starke Empfehlungen mit moderater Evidenz-Qualität. Die Empfehlung ist stark, weil [10]:

  • die gesamte Evidenz einheitlich eine positive Richtung aufweist, inklusive Evidenz in Bezug auf die Akzeptanz und Chancengleichheit;
  • die Evidenz bei guter Umsetzung der Schulgesundheitsversorgung einen nachhaltigen Vorteil für Schülerinnen und Schüler aufzeigt;
  • die Zuverlässigkeit der Evidenz in den systematischen Übersichtsarbeiten moderat ist;
  • Beobachtungsstudien Nutzen und keine signifikanten Schäden ergaben und Schulen eine überzeugende, breit angelegte und relativ günstige Möglichkeit bieten, Kinder und Jugendliche mit den notwendigen Gesundheitsdiensten zu erreichen [10].

Das Spektrum der Angebote von Schulgesundheitsdiensten sollte bestimmte Aufgabenbereiche in Bezug auf verschiedene Gesundheitsbereiche unbedingt umfassen [9, 10]. Folgend werden die Aufgabenbereiche in Bezug auf einige Gesundheitsbereiche dargestellt.

  • Gesundheitsförderung und Prävention: Förderung der Gesundheitskompetenz und Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen; Unfall- und Gewaltprävention; Infektionsschutz und individuelle Reihenimpfungen; Förderung der Mundgesundheit, der Zuckerreduktion, der vermehrten körperlichen Aktivität und des angemessenen Gebrauchs von Sonnenschutzmittel.
  • Gesundheitserziehung: Unterstützung der Lehrkräfte bei der Entwicklung eines gesundheitsfördernden Lehrplans und bei der Vermittlung von Gesundheitsinformationen und -kompetenzen; Aufklärung über verschiedene Themen mit Gesundheitsbezug (z. B. sexuelle Gesundheit).
  • Screenings und klinisches Assessment: Schuleingangsuntersuchung und routinemässige präventive Gesundheitsuntersuchung; Erste Hilfe; Medikamentenvergabe; Screening (und damit Früherkennung) von Seh-, Hör, Mund-, Ernährungs- und psychischen Gesundheitsproblemen mit anschliessender Beratung; Abklärung der psychischen Gesundheit; Beratung bei Suchtmittelkonsum und in Krisensituationen.
  • Management der Gesundheitsdienstleistungen: Nutzung von Daten auf Bevölkerungsebene für die Planung von Gesundheitsdiensten; Nutzung von Daten über Schulgesundheitsdienste zur Überwachung und Verbesserung; Implementation eines Risikomanagementplans; Management von Infektionsausbrüchen; Bereitstellung von Angeboten für chronisch kranke und beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler sowie für Kinder und Jugendliche mit gesundheitlichen Auffälligkeiten.
  • Unterstützung der anderen Elemente einer gesundheitsfördernden Schule: Unterstützung von Richtlinien zur Gesundheitsförderung und anderen Aspekten der gesundheitsfördernden Schule einschliesslich der Inspektion des schulischen Umfelds – vorrangig in Bezug auf Hygiene, sanitäre Einrichtungen, Schulverpflegung, Belüftung, Lichtverhältnisse und Mobiliar; Unterstützung von Interventionen zur Prävention von Krankheiten und Verletzungen; Schulung des Schulpersonals; Beratung und Unterstützung der Erziehungsberechtigten; Unterstützung bei Notfällen; Unterstützung von Interventionen zur Förderung der psychischen Gesundheit und von Massnahmen gegen Mobbing [9, 10]

Fazit

Ausgehend von dem im deutschsprachigen Raum noch jungen Berufsbild und den vielfältigen Aufgabenfeldern besteht ein Bedarf an der Entwicklung von Projekten mit Schulgesundheitsfachkräften. Projekte mit und über Schulgesundheitsfachkräfte können die Kernaufgaben der Gesundheits- und Krankenpflege in die Schule integrieren und so ein positives Umfeld für die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler schaffen [2]. Dies eröffnet die Möglichkeit, das traditionelle pflegerische Handlungsspektrum im Sinne des Public Health Nursing Ansatz zu erweitern, um die öffentliche Gesundheit im Setting Schule zu fördern [6]. Die Orientierung am Public Health Nursing Ansatz und die damit verbundene Expertenrolle der Pflegefachpersonen sowie der Einbezug von Erfahrungen aus anderen Ländern könnten sich als hilfreich erweisen.

Literaturverzeichnis

  1. Best, N., Oppewal, S., Travers, D. (2017). Exploring School Nurse Interventions and Health and Education Outcomes: An Integrative Review. The Journal of School Nursing, 34(1). doi: https://doi.org/10.1177/1059840517745359
  2. Fritsch, K. & Heckert, K. (2007). Working together: Health Promoting Schools and School Nurses. Asian Nursing Research, 1(3), 147-152.
  3. Kocoglu, D. & Emiroglu, O. N. (2017). The Impact of Comprehensive School Nursing Services on Students' Academic Performance. Journal of Caring Science, 6(1), 5-17. doi:https://doi.org/10.15171%2Fjcs.2017.002
  4. Leroy, Z. C., Wallin, R. & Lee, S. (2017). The Role of School Health Services in Addressing the Needs of Students With Chronic Health Conditions. Journal of School Nursing, 33(1), 64-72. doi:https://doi.org/10.1177/1059840516678909
  5. Muellmann, S., Landgraf-Rauf, K., Brand, T., Zeeb, H. & Pischke, C. R. (2017). Effectiveness of School-based Interventions for the Prevention and/or Reduction of Psychosocial Problems among Children and Adolescents: A Review of Reviews. Gesundheitswesen, 79(4), 252-260. doi:https://doi.org/10.3389/fpsyt.2022.1012257
  6. Tannen, A., Adam, Y., Ebert, J. & Ewers, M. (2018). Schulgesundheitspflege an allgemeinbildenden Schulen: Teil 1 – Analyse der Ausgangslage. Working Paper No. 18-02 der Unit Gesundheitswissenschaften und ihre Didaktik. Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin
  7. Tucker, S. & Lanningham-Foster, L. M. (2015). Nurse-Led School-Based Child Obesity Prevention. Journal of School Nursing, 31(6), 450-466. doi:https://doi.org/10.1177/1059840515574002
  8. Wang, L., Vernon-Smiley, M., Gapinski, M., Desisto, M., Maughan, E. & Sheetz, A. (2014). Cost-benefit study of school nursing services. JAMA Pediatrics, 168(7), 642-648.
  9. World Health Organisation (WHO) (2014).  European framework for quality standards in school health services and competences for school health professionals. Kopenhagen: WHO
  10. WHO (2021). Guidelines on school health services. Genf: WHO.

15. März ist Tag der Rückengesundheit

Körperliche Belastungen und Rückenschmerzen bei Pflegepersonen

TextCarola Maurer und Heidrun Gattinger

Körperliche Belastung und Rückenschmerzen sind häufige Probleme bei Pflegepersonen. Ein Review (132 Studien) welcher die Prävalenz von muskuloskelettalen Beschwerden von Pflegefachpersonen und Pflegeassistenzpersonen über verschiedene Settings (Spital, stationäre Langzeitpflege und ambulante Pflege) untersuchte, zeigt folgende durchschnittliche Prävalenz von Rückenzschmerzen (low back pain): 65 % für das gesamte Leben, 55 % für das vergangene Jahr, 44 % für die letzten 3 bis 6 Monate und 35 % für aktuelle Symptome (Davis & Kotowski, 2015).

Hier sind einige Faktoren, die für die körperlichen Belastungen verantwortlich sein können, respektive dazu beitragen, dass sich Rückenschmerzen manifestieren:

  • Heben und Umlagern von Patient:innen: Pflegepersonen müssen Patient:innen oft bei Aktivitäten des täglichen Lebens (Bewegung im Bett, aus dem Bett, Transfers, Körperpflege, An- Auskleiden usw.) unterstützen. Dabei heben sie häufig Gewicht vom Gegenüber und wenden viel Kraft auf. Vor allem bei Transfers passieren Rückenverletzungen (Caponecchia, Coman, Gopaldasani, Mayland, & Campbell, 2020).
  • Arbeitsumgebung: Fehlende oder falsch eingesetzte Hilfsmittel, die zu einer schlechten Ergonomie am Arbeitsplatz führen können zu einer zusätzlichen Belastung für den Rücken führen (Caponecchia et al., 2020), ebenso statische Belastungen wie langes Stehen sowie das Halten von Geräten z.B. bei OP-Pflegepersonen (Tavakkol, Karimi, Hassanipour, Gharahzadeh, & Fayzi, 2020)
  • Arbeitsbelastungen und Stress: hohe psychosoziale Anforderungen gepaart mit geringer Kontrolle am Arbeitsplatz, Ungleichgewicht zwischen Leistung und Belohnung und geringe soziale Unterstützung stehen im Zusammenhang mit muskuloskelettalen Beschwerden (Bernal et al., 2015; Du, Zhang, Xu, & Qiao, 2021). Unzureichende Personalausstattung, Zeitdruck und Arbeitsstress können die körperliche Belastung verstärken (Zare, Choobineh, Hassanipour, & Malakoutikhah, 2021).
  • Mangelnde Selbstpflege: Pflegepersonen neigen dazu, sich mehr um andere zu kümmern als um sich selbst. Der Mangel an regelmäßiger körperlicher Aktivität und Selbstpflege kann zu einer Verschlechterung der Rückengesundheit beitragen (Ross et al., 2019).

Die durch diese Faktoren ausgelösten körperlichen Beschwerden werden von Pflegenden als eine Hauptursache für den Austritt aus dem Pflegeberuf angegeben (Gaudenz, Geest, Schwendimann, & Zúñiga, 2019). Eine weitere Studie zeigt, dass bereits Pflegestudierende über muskuloskelettale Beschwerden klagen (Crawford, Volken, Schaffert, & Bucher, 2018). Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels muss der körperlichen und psychischen Gesundheit der Pflegepersonen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Ansätze zur Förderung der Rückengesundheit

Interventionen zur Förderung der Rückengesundheit von Pflegepersonen konzentrierten sich vor allem auf den Einsatz von Hilfsmittel sowie Schulungen und Trainings. Allerdings gibt es keine eindeutige Evidenz für diese Art Einzelinterventionen. Am vielversprechendsten ist eine Kombination von Ansätzen welche Schulungen, den Einsatz von Hilfsmittel sowie psychosoziale und organisatorische Strategien wie die Entwicklung von Führungskräften adressieren (Bernal et al., 2015; Caponecchia et al., 2020). Kinästhetik als ressourcenorientierter Ansatz berücksichtigt oben genannte Aspekte.

Der Begriff Kinästhetik beschreibt die „Fähigkeit, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern“ (Bibliographisches Institut GmbH, 2020). Er schliesst neben den Ressourcen der an der jeweiligen Interaktion beteiligten Personen auch die Ressourcennutzung der Umgebung mit ein. Das Schulungsprogramm Kinästhetik in der Pflege stellt die Qualität der Unterstützung von alltäglichen Aktivitäten ins Zentrum. Dabei geht es immer um die Frage, wie diese Unterstützungen individuell angepasst so gestaltet werden können, dass sowohl die unterstützende wie auch unterstützte Personen ihre Bewegungskompetenz weiterentwickeln können. Beide Zielgruppen sollen sich selbst als wirksam erfahren (European Kinaesthetics Association, 2020).

Eine hohe Kinästhetikkompetenz befähigt die Pflegenden einerseits pflegebedürftige Menschen in ihren Alltagsbewegungen so zu unterstützen, dass sie dabei ihre Bewegungskompetenz entwickeln können und andererseits sich dabei körperlich nicht zu überlasten (Gattinger, Leino-Kilpi, et al., 2017). Die Kinästhetikkompetenz beinhaltet die Dimensionen Wissen, Fertigkeiten, Haltung und Weiterentwicklung. Das heisst, Pflegepersonen benötigen Wissen über die theoretischen Grundlagen von Kinästhetik, zum Beispiel wie die Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung miteinander in Verbindung stehen. Sie benötigen Fertigkeiten (Skills) bezüglich der Interaktion, der Bewegungsunterstützung der pflegebedürftigen Person, der eigenen Bewegung und der Umgebungsgestaltung, also ein Verständnis dafür, die Umgebung so zu gestalten, dass die Eigenbewegung der pflegebedürftigen Person gefördert wird. Zudem benötigen Pflegepersonen eine entsprechende Haltung, die den Lern- und Entwicklungsprozess eines jeden Menschen anerkennt. Überdies sollten sie selbst offen für die persönliche Weiterentwicklung sein, die es ihnen ermöglicht, aufgrund der Erfahrungen im Pflegealltag individuelle und der Situation angepasste Lernangebote zu entwickeln (Gattinger, Senn, et al., 2017).

Forschungsergebnisse zu Kinästhetik

Bei der Forschung zur Wirkung von Kinästhetik stehen wir noch in den Anfängen und eindeutige Forschungsevidenz zum Nutzen fehlt (Freiberg et al., 2016; Gattinger, Leino-Kilpi, et al., 2017). Damit Kinästhetik Wirkung entfalten kann, muss sich erst die Kinästhetikkompetenz der Pflegenden ausbilden (Gattinger & Hantikainen, 2018). Diese Kompetenzentwicklung basiert auf einem komplexen Zusammenspiel von individuellem wie auch organisationalem Lernen (Maurer, Gattinger, & Mayer, 2021, 2022).

Es gibt jedoch erste Hinweise auf die positiven Auswirkungen einer höheren Kinästhetikkompetenz bei Pflegenden hinsichtlich muskuloskelettaler Beschwerden. So zeigt die AdKinPal Studie (Advanced Kinaesthetics in Palliative Care), dass Pflegende mit einer niedrigeren Kinästhetikkompetenz signifikant öfter Schmerzen im unteren Rücken, dem Nacken und den Schultern haben (Gattinger et al., 2023). Zudem beschreiben Pflegende, Betreuungspersonen und Leitungspersonen in verschiedenen Settings, dass sie durch die Entwicklung der Kinästhetikkompetenz positive Auswirkungen auf ihre Rückengesundheit wahrnehmen (Maurer, Brenner, Wulfgramm, & Gattinger, 2024). In Interviews berichten die Mitarbeitenden unter anderem, dass sie sich in Interaktionssituationen achtsamer bewegen und sich dadurch muskuloskelettale Beschwerden reduziert haben (Maurer et al., 2024). Die Aussagen der Mitarbeitenden weisen darauf hin, dass sie durch eine gesteigerte Kinästhetikkompetenz nicht nur ihre Gesundheit erhalten, sondern diese sogar verbessern können (Maurer et al., 2022).

Fazit

Auch wenn die Forschungsevidenz in Bezug auf die Wirkung einer erhöhten Kinästhetikkompetenz noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es dennoch erste positive Hinweise, die auf einen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Kinästhetikkompetenz und einer Reduzierung muskuloskelettaler Beschwerden deuten.

 

Literatur

World-Cancer-Day

1.) Vorstellung des OncoMoveNurse- Projekt und 2.) einer übersetzten Studie über Rückstände von Chemotherapeutika in Infusionsleitungen

1.) OncoMoveNurse-Projekt

Förderung von körperlicher Aktivität bei Menschen mit Lungenkrebs in einer onkologischen Tagesklinik initiiert durch Pflegefachpersonen – Entwicklung eines personenzentrierten, interprofessionellen Bewegungskonzeptes

Text: Ramona Engst und Antje Koller

Link zur Projektwebsite

Ein Projekt des Kompetenzzentrums Onkologische Pflegeforschung und Lehre (OnkOs) und gefördert von der Lungenliga St. Gallen / Appenzell

Menschen mit Lungenkrebs werden heutzutage vor allem ambulant therapiert. Das bedeutet, dass sie häufig nur einige Stunden pro Woche mit Fachleuten des Gesundheitswesens in Kontakt kommen. Das OnkoMoveNurse-Projekt untersucht, ob und wie Pflegefachpersonen und andere Gesundheitsfachpersonen in onkologischen Tageskliniken die wertvolle Zeit des Kontakts nutzen könnten, um auf Basis der neusten verfügbaren Evidenz, körperliche Aktivität bei Menschen mit Lungenkrebs zu fördern.

Die Fachleute sind sich einig, dass körperliche Aktivität eine wichtige Rolle im gesamten Behandlungsprozess von Personen mit Lungenkrebs spielt. Sich während der Behandlung in Bewegung zu halten, verringert belastende Symptome wie Husten und Atemnot und verbessert die Lebensqualität der Betroffenen. Jedoch sind insbesondere Menschen mit Lungenkrebs zum Zeitpunkt der Diagnose weniger aktiv als gesunde Menschen. Und die körperliche Aktivität nimmt während der Lungenkrebsbehandlung sogar weiter drastisch ab. Gründe dafür können ein schlechterer Allgemeinzustand, insbesondere Atemlosigkeit, Husten und Sauerstoffmangel sein.

In diesem Projekt sollen Menschen mit Lungenkrebs während des Aufenthalts in der onkologischen Tagesklinik vor, während und nach der Therapie, wenn sie beispielsweise Chemotherapie oder Immuntherapie erhalten, dabei unterstützt werden, sich körperlich zu bewegen, um mehr Aktivität in ihren Alltag zu integrieren.

Dafür wurde ein Bewegungskonzept von ausgewiesenen, interprofessionellen Expertinnen und Experten aus den Bereichen der onkologischen Pflege, Medizin (Onkologin und Lungenfacharzt), Physiotherapie, Sportwissenschaft, sowie einer Betroffenen entwickelt. Das Vorgehen ist auf unserer Homepage einzusehen.

Das Bewegungskonzept für eine ambulante onkologische Tagesklinik basiert auf drei Kernkomponenten und zwei übergeordneten Orientierungen. Die Kernkomponenten sind (1) die Bewegungsübungen in einem modularen Aufbau, (2) das Sicherheitskonzept und (3) das Kommunikationskonzept. Die (4) Teamorientierung und (5) die Personenzentrierung stellen die übergeordnete Orientierung dar. Abbildung 1 zeigt das Bewegungskonzept schematisch.

  1. Modularer Aufbau: Der Bewegungskatalog besteht aus drei Modulen. Alle Module werden für jede Tagesklinik individuell mit Bewegungsübungen und -einheiten bestückt, die dann das lokale Repertoire des behandelnden Teams bilden: Modul 1 leichte Übungen für jedermann und jedefrau, die in den Therapiealltag eingebettet werden (z.B. Schrittzähler am Empfang und Bezug darauf im Arztgespräch, beim Holen des Getränks und beim «Abstöpseln» (siehe Abbildung 2). Modul 2 enthält Übungen in milder Intensität, die während des Aufenthalts individuell ausgewählt und mit Unterstützung von Pflegefachpersonen oder anderen Gesundheitsfachpersonen durchgeführt werden. Modul 3 ist ein indikationsbasiertes gezieltes und professionell zum Beispiel durch Physiotherapeutinnen und -therapeuten angeleitetes Training, das für die meisten Institutionen wahrscheinlich erst entwickelt werden muss, wenn noch keine spezialisierten Angebote vorliegen, zu dem die Fachpersonen vermitteln können.
  2. Sicherheitskonzept: enthält Kontraindikationen, Hygieneregeln, Vermeidung von Verletzungen und anderen Risiken. Jede Massnahme im Bewegungskonzept muss vom Sicherheitskonzept abgedeckt sein.
  3. Das Kommunikationskonzept ermöglicht den Teammitgliedern gemeinsam «an einem Strang zu ziehen». Es wird hier festgelegt, welche Personen, welche Gesprächsinhalte zu welchen Gelegenheiten in ihre Behandlungsroutine einbetten.
  4. Teamorientierung: Die Behandlung von Menschen mit Lungenkrebs wird in der onkologischen Tagesklinik von einem interprofessionellen Team durchgeführt. Die Teamorientierung bedeutet, dass jede Person im interprofessionellen Team zum Bewegungskonzept beiträgt. Dem Teamansatz liegt zu Grunde, dass für erfolgreiche Verhaltensänderung bei den Betroffenen Wiederholung und Bekräftigung durch verschiedene Fachpersonen aus dem Behandlungsalltag eine grosse Rolle spielen.
  5. Personenzentrierung: Leitsätze und Haltungen des Teams gegenüber Bewegung werden in Beziehung zu Vorlieben, Erfahrungen und Möglichkeiten der Betroffenen gesetzt.

Die fünf Komponenten sind obligatorischer Bestandteil des Bewegungskonzepts. Für die Ausgestaltung spielen aber der lokale Kontext, wie z.B. räumliche und regulatorische Rahmenbedingungen eine grosse Rolle. Im Bewegungskonzept wird für jede Komponente genau beschrieben, welche individuellen Anpassungen vorgenommen werden können und sollen, um es für sie passend zu machen.

Im nächsten Schritt wird die Implementierung des Bewegungskonzepts auf einer Tagesklinik mit einer Studie im convergenten mixed methods design evaluiert. In der Studie werden von Betroffenen und von Fachpersonen sowohl qualitative als auch quantitative Daten erfasst. Die qualitativen Daten stammen vom sogen. digital storytelling, einer Methode, die wir bereits erfolgreich in einer grossen vorangegangenen Studie verwendet haben, sowie von persönlichen Interviews und Feedbackbögen. Die quantitativen Daten stammen von Fragebogenumfragen.

Nutzen für die Betroffenen

Weg vom «Sollen» hin zum «Tun». Pflegefachpersonen der ambulanten Tagesklinik können ihr Repertoire an sicheren, niederschwelligen und wirkungsvollen Bewegungsinterventionen für Menschen mit Lungenkrebs anhand des webbasierten «Bewegungskataloges» erweitern und mit Hilfe des Bewegungskonzeptes in den Therapiealltag etablieren. Auf lange Sicht kann dies die Chancen der Menschen mit Lungenkrebs verbessern, die Symptombelastung vor allem Husten und Dyspnoe zu verringern und die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu verbessern.

 

2.) Rückstände von Chemotherapeutika in Infusionsleitungen trotz gängiger Spülpraxis

Originalarbeit: Marchal, M. A., Robert, M., Pesqué, R., Jourdan, N., Sessink, P., Madelaine, I., & Levert, H. (2023). Residual chemotherapy drugs after flushing infusion lines. Journal of oncology pharmacy practice : official publication of the International Society of Oncology Pharmacy Practitioners, 10781552231175820. Advance online publication. https://doi.org/10.1177/10781552231175820

Übersetzt und kommentiert von Antje Koller

Einleitung:

Es gibt Empfehlungen zum Spülen der Infusionsleitungen bei Verabreichung von Chemotherapeutika (CHTs). Die Spülung mit einer Infusionslösung wie Kochsalz 0.9% oder ähnliches soll nach der Chemotherapiegabe auf der einen Seite gewährleisten, dass die gesamte Dosis der CHTs verabreicht wird. Auf der anderen Seite soll es verhindern, dass Pflegefachpersonen beim "Abstöpseln" mit dem CHT in Kontakt kommen oder die Medikamente in die Umwelt gelangen. Vor allem die Tropfkammer, die sich zwischen dem Beutel mit dem CHT und dem Schlauchsystem befindet, aber auch das Volumen der Infusionsleitung müssen bei der Spülmenge bedacht werden. Ziel dieser Studie war es, gängige Spülpraktiken im stationären Setting sowie in Tageskliniken zu evaluieren und die Wirksamkeit des Spülens für drei CHTs zu untersuchen.

Methoden:

Die Studie wurde in Paris durchgeführt. In 5 stationären Abteilungen wurden 20 Infusionsleitungen und in 2 Tageskliniken wurden 20 Infusionsleitungen eingesammelt, die für die Routinegabe von Chemotherapeutika verwendet worden waren. Die Infusionsleitungen bestanden immer aus einer Hauptleitung, die mit dem IV-Zugang der Patientin oder des Patienten verbunden war. Eine oder mehrere weitere Leitungen, einschliesslich des CHT-Infusionssets, waren über Absperrhähne mit der Hauptleitung verbunden. In den Spitälern war ein Mindest-Spülvolumen von 50 ml vorgegeben. In den stationären Abteilungen wurden nach dem Spülen nur die Nebenlungen entfernt, während die Hauptleitung meist verblieb, da die Betroffenen weitere intravenöse Medikamente oder Flüssigkeit erhielten. In den Tageskliniken wurde am Ende der Behandlung die gesamte Infusionsleitung beim IV-Zugang entfernt. Es wurden drei CHTs mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften untersucht: Etoposid (ETO), Paclitaxel (PAC) und Cyclophosphamid (CPH). ETO wurde nur im stationären Setting verabreicht, PAC nur im ambulanten Bereich und CPH in beiden Bereichen. Für die Auswertung wurden nur die Leitungen untersucht, der CHT-Beutel wurde abgetrennt. Bei verbleibender Restmenge wurde der Spülbeutel gewogen, um das tatsächliche Spülvolumen zu schätzen. In den Infusionsleitungen wurden das Residualvolumen und die Konzentration des CHT mit Massenspektrometrie und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gemessen.

Ergebnisse:

Die 40 CHTs waren von 26 Pflegefachpersonen verabreicht worden. Die Messungen ergaben, dass 2 der 40 Leitungen (5%) offensichtlich nicht gespült worden waren. Diese 2 Infusionsleitungen wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die stationären und ambulanten Bereiche unterschieden sich in den jeweiligen Spülpraktiken. In den Spitälern wurden immer (n=20) 100 ml Beutel zur Spülung verwendet. Das daraus resultierende Spülvolumen betrug ±88 ml. In den Tageskliniken wurden sowohl 50 ml (n=13; Spülvolumen ±35 ml) als auch 100 ml Beutel (n=5) verwendet. Die Spülvolumina und die verbleibenden CHT-Konzentrationen in den Leitungen unterschieden sich somit signifikant zwischen Spital und Tageskliniken.

Je mehr Spülflüssigkeit genommen wurde, desto geringer war die Restmenge des CHT-Wirkstoffs, aber alle Infusionsleitungen enthielten nach dem Spülen noch CHT. Die verbleibende Menge CHT in den Leitungen lag zwischen 0.002 und 2.7% der verschriebenen Dosis.

Schlussfolgerungen:

Die Empfehlungen, 100 ml zum Spülen von Infusionsleitungen nach der CHT-Gabe zu verwenden, wurden im stationären Bereich vollständig und in den Tageskliniken teilweise umgesetzt. Die Verwendung kleinerer Volumina in Tageskliniken hing wahrscheinlich mit der kürzeren Verweildauer der Patientinnen und Patienten zusammen. Alle Infusionsleitungen enthielten immer noch Rückstände von CHTs, auch wenn bei manchen das Spülvolumen sogar höher war als empfohlen. Dies zeigt, dass Personen, die die Infusionsleitungen, über die CHTs liefen, diskonnektierten in allen Fällen trotz der Spülung einem Risiko ausgesetzt waren. Man muss mindestens 100 ml Beutel verwenden, um ein Spülvolumen von mehr als 50 ml zu erreichen. Da die Tropfkammer einer der Gründe ist, dass die gängigen Spülungen nicht ausreichten, empfahlen die Autorinnen und Autoren, die Leitung vor Entfernung direkt am Zugang noch einmal zu spülen. Es ist auch wichtig, persönliche Schutzausrüstung zu verwenden und wenn möglich, geschlossene CHT-Sicherheitssysteme zu verwenden.

Kommentar der Autorin:

Die unmittelbare Sicherheit der Pflegefachpersonen steht an oberster Stelle. Aber auch die kumulierte Kontamination des Arbeitsumfeldes in den Spitälern und Tageskliniken, in denen CHT verabreicht werden, ist über die Zeit betrachtet wahrscheinlich hoch. Ein wichtiges Thema scheint zudem, dass die präzise errechnete Dosierung trotz Spülung nicht unbedingt bei den Betroffenen ankommt. Nach dieser Studie sollten die gängigen Spülpraktiken in Spitälern und vor allem in Tageskliniken überprüft werden. Dabei ist der Blick für die Details wichtig: Das langsame Verdünnen der CHTs "Tropfen für Tropfen" in der Tropfkammer ist natürlich weniger effizient, als wenn mit einer Spritze mit einem sicheren Luer-Lock Anschluss an einem Dreiwegehahn der Infusionsschlauch direkt mit etwas Druck gespült wird. Schneller gestellt werden darf allerdings nicht, solange sich noch konzentrierte CHT in der Leitung befindet. Wie sich Pflegefachpersonen an die Vorgaben zum Spülen der Infusionsleitungen halten können, sollte ebenfalls genau betrachtet werden. Eine Lösung das Problem zu beheben, wäre der konsequente Einsatz von CHT‑Sicherheitssystemen der neusten Generation mit sogenannten Closed System Transfer Divices (CSTDs).

Meiner Erfahrung nach sollten wir uns auf Basis der vorliegenden Studie unsere Spülpraxis genau ansehen und auf die problematischen Punkte schauen. Die Reste sind aus zwei Gründen problematisch: die Kontamination (der Fachpersonen und der Umgebung) sowie die verbleibende Restmenge, die nicht der Patientin oder dem Patienten zugutekommt. Auch wenn keine allgemeingültigen Aussagen für jeden Bereich gemacht werden können, liste ich im Folgenden einige der "Knackpunkte":

  1. Spülen über den verbliebenen Spiegel im Infusionssystem: falls dieser noch CHT enthielt, stellt das langsame Eintropfen der Spüllösung eher eine Verdünnung dar und ist keine effiziente Spülung
  2. Eng damit verbunden, die Art des Infusionssystems, das genutzt wird. Wo wird diskonnektiert? Wo wird gespült? Wo könnten Kontaminationen geschehen? Wo verbleiben eventuelle Restmengen?
  3. An welcher Stelle des Infusionssystems wird mit welcher Methode gespült?
  4. Die Geschwindigkeit, mit der gespült werden kann
  5. Die Menge der Spülflüssigkeit

Tag der Patientenrechte am 26.01.24

Autorinnen: Magdalena Vogt und Janine Vetsch

Am 26. Januar findet in Deutschland der «Tag des Patienten» statt. Das Ziel dabei ist es, die Situation und Rolle von Patientinnen und Patienten durch Information, Mitwirkung und Mitentscheidung zu stärken und zu verbessern und auf die Rechte von Patientinnen und Patienten zu verweisen [1].

Eines der Patientenrechte ist unter anderem das Recht auf eine dem Stand der Wissenschaften entsprechende (medizinische/pflegerische) Versorgung. Die stärkere Berücksichtigung der Patientenrechte und eine stärkere Partizipation der Patientinnen und Patienten sind wichtige Ziele der gesundheitspolitischen Agenda Gesundheit 2020 [2].

Auch die pflegerische Versorgung soll laut Gesetzgebung auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, sprich evidenzbasiert sein [3]. Unter einer evidenzbasierten Praxis (EbP) in der Pflege versteht man die Nutzung der derzeit besten wissenschaftlich belegten Erfahrungen Dritter (externe Evidenz) im individuellen Arbeitsbündnis zwischen einzigartigen Pflegebedürftigen oder einzigartigem Pflegesystem und professionell Pflegenden (interne Evidenz). Es ist eine Methode zur Verknüpfung von interner und externer Evidenz im einzigartigen Einzelfall des/der Patient/in [4].

Die sechs Schritte der evidenzbasierten Pflege sind folgende [4]:

  1. Klärung des pflegerischen Auftrags (gemeinsam mit dem/der Patient/in)
  2. Formulierung einer klaren, beantwortbaren Frage auf Basis der benötigten Informationen
  3. Literaturrecherche, durch die relevantes Forschungswissen gefunden werden kann
  4. Die kritische Beurteilung des gefundenen Wissens
  5. Die Implementierung des besten verfügbaren Wissens, zusammen mit der eigenen Erfahrung und den Wünschen des Pflegebedürftigen, in einen individuellen Pflegeplan
  6. Evaluation der Wirkung

Wie finde und nutze ich externe Evidenz?

Das Stellen und Beantworten klinischer Fragen sowie das Auffinden und Verstehen wissenschaftlicher Literatur bilden zentrale Säulen der evidenzbasierten Praxis [4]. Die Wissensplattform «FIT-Nursing Care» soll hier Abhilfe schaffen, indem sie den Zugang zum aktuellen Stand der Pflegewissenschaft eröffnet und klinische Fragen aus der Praxis evidenzbasiert beantwortet. Ziel von FIT-Nursing Care ist es, das evidenzbasierte Denken und Handeln von Pflegefachpersonen zu fördern. So werden Pflegefachpersonen bei zeitaufwändigen Sucharbeiten entlastet [5].

Das Informationsportal RefHunter hat das Ziel, Recherchierende bei der Wahl einer geeigneten Vorgehensweise für ihr jeweiliges Recherchevorhaben zu unterstützen und gleichzeitig den fachlich-methodischen Austausch zum Thema Literaturrecherche zu fördern. Dazu werden relevante Inhalte, Funktionen und Besonderheiten von Fachdatenbanken aufgezeigt sowie die Vorgehensweise zur systematischen Literaturrecherche dargestellt [6].

Unsere Interprofessionelle Fortbildung «Evidenzbasierte Entscheidungsfindung für die klinische Praxis» will Teilnehmenden dabei helfen, wissenschaftliche Belege in den beruflichen Kontext einzubeziehen. Die nächste Fortbildung findet am Mittwoch, 20. März 2024 an der OST in St.Gallen statt. Hier erhalten Sie weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung.

Wir bieten auch ein individuelles EBP -Coaching für Institutionen, welches auf  Sie massgeschneiderte Themen diskutiert und vermittelt. Weitere Informationen finden Sie Hier.  

Folgender Fachbeitrag gibt einen vertieften Einblick in das Auffinden von wissenschaftlichen Arbeiten: Studien: gesucht gefunden.

 

Literatur

  1. Initiative Patientendialog (2022). Tag des Patienten. Zugriff am 21.11.2023. Verfügbar unter https://tagdespatienten.de/#:~:text=Ein%20Zeichen%20f%C3%BCr%20Patientenrechte%20und,V.
  2. BAG (2022). Bericht Patientenrechte in der Schweiz. Zugriff am 21.11.2023. Verfügbar unter https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/medizin-und-forschung/patientenrechte/patientenrechte-schweiz.html
  3. Gesundheitsberufegesetz [GesBG] (2016). Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe. Zugriff am 11.12.23. Verfügbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2020/16/de
  4. Behrens, J. & Langer, G. (2022). Evidence-based Nursing and Caring. Methoden und Ethik der Pflegepraxis und Versorgungsforschung (5. Aufl.). Hofrege: Bern.

Vorstellung AGE INT - Internationale Expertise für das Leben im Alter

AGE-INT (Internationale Expertise für das Leben im Alter) ist ein nationales Projekt, um zukunftsfähige Lösungen für das Altern in der Schweiz anzustossen. Es wird finanziell von den beteiligten Hochschulen (Lead: OST – Ostschweizer Fachhochschule; Berner Fachhochschule, Fachhochschule der italienischen Schweiz (SUPSI) und Universität Genf) sowie dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) gefördert. Am Standort St. Gallen stehen die Themen „Dementia Care Research, virtuelle Bildungspraktiken und Technikentwicklung“ im Fokus. Wir bearbeiten in diesem Themenfeld die folgenden laufenden Teilprojekte, die wir hier gerne kurz vorstellen.

 

Pflegerische Mobilitätsförderung bei Menschen mit Demenz

Im Rahmen dieses Projektes entwickeln wir eine pflegegeleitete Intervention für körperliches Training von Menschen mit Demenz in Alters- und Pflegeheimen und flankierend dazu ein evidenzbasiertes Manual im Sinne einer Praxisleitlinie. Zentral ist für uns ist eine gute Implementierbarkeit, da Effekte ähnlicher Programme schon evident sind. Einen Überblick zu bestehenden Programmen in dem Bereich und dazugehörigen Implementierungsfaktoren finden Sie in unserem Review unter folgendem LINK (Preprint).

Kontakt: Prof. Dr. Steffen Heinrich, steffen.heinrich@remove-this.ost.ch

 

Implementierung einer hochwertigen Pflege für Personen mit Demenz im Akutspital: Empfehlungen für die Praxisentwicklung (IDeA)

Das Ziel dieses Projektes ist es, Empfehlungen für die Implementierung einer hochwertigen Pflege und Betreuung von Personen mit Demenz im Akutspital zu entwickeln. Dabei orientieren wir uns an einem bestehenden Rahmenkonzept für die Pflege von Personen mit Demenz im Akutspital und erweitern dieses um Strategien für die Implementierung sowie möglichen Barrieren und Förderfaktoren. Das Projekt fokussiert auf den deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz = DACH) und damit auf die sich darin befindlichen Strukturen im Akutsetting.

Kontakt: Prof. Dr. Heidi Zeller, heidi.zeller@remove-this.ost.ch

 

Entwicklung und Evaluation von immersiven virtuellen Praktiken

Gemeinsam mit Expert:innen aus dem Bereich VR gestalten wir im Rahmen des Projektes eine Anwendung, um Studierenden und Pflegenden Einblicke in die Lebenswelt von Personen mit Demenz zu geben und eigene Erfahrungen zu sammeln. Damit wollen wir das kognitiv-rationale Lernen mit einem erlebensorientierten, emotional-empathischen Ansatz ergänzen und fördern. Zudem soll die verständnisvolle Kommunikation mit Menschen mit Demenz gefördert werden. Dies soll alltägliche Barrieren für die soziale Teilhabe von Menschen mit Demenz reduzieren.

Kontakt: Prof. Dr. Thomas Beer, thomas.beer@remove-this.ost.ch

 

Innovationszentrum zum Mitmachen

Der Frage, wie der Transfer von Wissen und Erfahrung auf pragmatisch-praktischer Ebene gestaltet werden kann widmet sich das SimDeC – das Wohnlabor am Departement Gesundheit der OST. In einem partnerschaftlichen Ansatz mit der Stiftung Wohnen + Bleiben, und der digitalen Infrastruktur aus dem Projekt WiQQi gilt es, Probleme und Herausforderungen des Alltags mit technischen Lösungen zu bewältigen oder die gesetzten Ziele mit technischer Unterstützung zu erreichen. Hierzu wird ein Wissens- und Erfahrungskreislauf adressiert, der technische Lösungen zum Anfassen und Ausprobieren in die Quartiere trägt und damit für Möglichkeiten wie auch grenzen dieser Lösungen - vor allem aber auch für Bedarfslagen sensibilisiert. Im Gegenzug bringen sich die Bürgerinnen und Bürger mit Ihrer Lebenserfahrung und Ihrer Perspektive in der Reflexion dieser Technischen Lösungen ein. Weitere Informationen: https://simdec.ch/izm (Preprint)

Kontakt: Josef M. Huber, josef.huber@remove-this.ost.ch

 

Strategien, um Personen mit Demenz für Forschungsvorhaben zu gewinnen

Um herauszufinden, welche Strategien bereits angewendet wurden, um Personen mit Demenz für ein Forschungsprojekt zu rekrutieren und wie erfolgreich bzw. vielversprechend diese Strategien sind, haben wir einen tiefen Blick in die Literatur geworfen. Wir konnten leider nur 10 – zumeist kleine – Studien finden, welche Hinweise auf die Beantwortung der Frage liefern. Studieninformationen, die über elektronisches und gedrucktes Material verteilt wurden, und Partnerschaften mit klinischen Dienstleistern erreichten die meisten rekrutierten Teilnehmenden, während Werbeanzeigen am teuersten waren. Unsere Ergebnisse können Forschungsteams bei der Gestaltung ihrer Strategien zur Rekrutierung von Personen mit Demenz informieren und anleiten. Zukünftige Forschung sollte darauf abzielen, demenzspezifische Rekrutierungsstrategien zu entwickeln.

Die Details zum methodischen Vorgehen sind in einem zentralen Studienregister für Literaturarbeiten hinterlegt:https://www.crd.york.ac.uk/PROSPERO/display_record.php?RecordID=342600

Kontakt: Dr. Julian Hirt,julian.hirt@remove-this.ost.ch

 

Weitere Informationen sind auf der Webseite des Projekts zu finden: https://age-int.ch/

Bedeutung von «Vertrauen» in der Behandlung von Frauen mit einer gynäkologischen Krebserkrankung – Erste Hinweise aus der TANGO-Studie

Breast Cancer Awareness Month

Text: Eleonore Baum und Andrea Kobleder

Link zur Projektwebsite

Ein Projekt des Kompetenzzentrums Onkologische Pflegeforschung und Lehre (OnkOs)                       und gefördert von der Krebsforschung Schweiz.

Die TANGO-Studie untersucht die Bedeutung von Vertrauen bei Frauen mit einer gynäkologischen Krebserkrankung im Behandlungsverlauf. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, neuralgische Punkte im interprofessionellen Versorgungsprozess aufzudecken. Zudem sollen Massnahmen aufgezeigt werden, wie die betroffenen Frauen und ihre Angehörigen im Therapiealltag unterstützt werden können.

Die zunehmende Fragmentierung, Spezialisierung und daraus entstehende Komplexität führen in der medizinischen Versorgung dazu, dass der Stellenwert von Vertrauen zunimmt. Dem gegenüber steht der aufstrebende Gedanke der Patientenautonomie des letzten Jahrhunderts. Frauen mit Brust- und gynäkologischen Krebserkrankung werden über Monate hinweg von unterschiedlichen Fachpersonen betreut. Vertrauen spielt dabei eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Adhärenz und ihrem Wohlbefinden.

Das Projektteam begleitete 12 Patientinnen in zwei Schweizer Brustzentren über ihren gesamten Behandlungspfad über mehrere Monate hinweg. Die Begleitung und Datensammlung erfolgten primär mittels der Methode des "digital Storytelling". Dabei teilten die Patientinnen regelmässig Erfahrungen (via Textnachrichten aber auch Fotos) über den Messenger-Dienst Threema mit dem Forschungsteam. Vertrauen in die Fachpersonen als Teil der “Behandlungs-Maschinerie” wurde massgeblich beeinflusst durch bestimmte Kontextfaktoren (u.a. Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen) aber auch durch einen professionellen sowie menschlichen Umgang.

Einen spannenden Einblick in das Projekt liefert eine Podcast-Folge in der die Projektleiterin Andrea Kobleder gemeinsam mit einer Betroffenen die Relevanz von Vertrauen in der onkologischen Behandlung und Betreuung diskutieren.

Wollen Sie ein aktuelles Thema präsentieren oder das Bewusstsein zu einem Thema von Pflegefachpersonen, Forschenden und Betroffenen fördern? Dann melden Sie sich bei FIT-Nursing Care unter fitnursingcare@remove-this.ost.ch

Young person’s Co-creation approach to promote Mental health during their vocational training in the health and care professions – The YouCoMent Project

Dieses Projekt erzeugt auf Basis von Co Creation nach Mental Health Europe eine nachhaltige Förderung und Erhaltung der psychischen Gesundheit der Jugendlichen am Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen (BZGS).

Text: Prof. Dr. Manuel Stadtmann

Link zur Projektwebseite: https://www.youcoment.com

Ein Projekt des Kompetenzzentrum Psychische Gesundheit, des IDEE Institut für Innovation, Design und Engineering, der sozialen Arbeit der OST sowie dem Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe St.Gallen 

Die psychische Gesundheit während der Ausbildung ist heute von besonderer Relevanz, da sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren verändert haben und die Anforderungen an die Auszubildenden gestiegen sind, produktiver und effizienter zu sein. Eine Ausbildung zu absolvieren und erfolgreich abzuschliessen, stellt die Jugendlichen vor grosse Herausforderungen. Vierzehn Prozent der Ausbildungen verlaufen nicht regulär und führen zu einer Wiederholung, einem Wechsel des Lehrvertrags oder einem Lehrabbruch (Berweger et al., 2013). In einer aktuellen Berufsstudie untersuchten Trede et. al. (2017) die durchschnittliche psycho-physische Belastung von Auszubildenden und beschrieben ein Stressniveau im mittleren bis unteren Bereich. Allerdings ist im Laufe der Zeit eine Zunahme der Belastung zu beobachten.  Berufsbildungszentren im Schweizer Gesundheits- und Sozialwesen sind mit zusätzlichen Anforderungen zur Erhaltung der psychischen Gesundheit ihrer Auszubildenden konfrontiert (Bollinger-Salzmann, Müller & Omlin, 2015). Jugendliche werden bereits während der Ausbildung mit Themen wie Sterben, Krankheit, schweren Schicksalsschlägen, Altern oder Ekelgefühlen konfrontiert, während sie sich noch im Prozess der eigenen Entwicklung befinden. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Heranwachsenden haben (Bollinger et al., 2015). Insbesondere im Rahmen der Berufsausbildung müssen Möglichkeiten bestehen, psychischen Erkrankungen durch Prävention, Früherkennung und Frühintervention zu begegnen.

Um den besonderen Herausforderungen berufsbildender Schulen im Gesundheitsbereich gerecht zu werden, verfolgten bisherige Studien des Kompetenzzentrums für psychische Gesundheit folgende Ziele: Den aktuellen Stand der psychischen Gesundheit von Auszubildenden am Bildungszentrum zu erfassen und individuelle Risiko- und Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit von Auszubildenden zu identifizieren. Dieser erste empirische Teile des YouCoMent-Projekts wurde zwischen Januar und April 2023 am Bildungszentrum für Gesundheits- und Pflegeberufe in St. Gallen (BZGS) durchgeführt. Für den quantitativen Teil wurden alle rund 2800 Auszubildenden über die BZGS-internen E-Mail-Verteiler zur Teilnahme aufgefordert. Die Teilnahme war freiwillig. Die Rücklaufquote lag bei 42,75% mit 1197 Teilnehmern. Die Ergebnisse zeigten verschiedene Belastungen und Symptome im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit auf. Um die Ergebnisse zu vertiefen, wurden 6 Fokusgruppeninterviews mit insgesamt 41 Jugendlichen durchgeführt. Wissenschaftliche Publikationen befinden sich im Einreichungs- oder im Entwicklungsprozess.

In einem nächsten Schritt wird das Kompetenzzentrum diese Ergebnisse mit den Jugendlichen vor Ort teilen und mittels dem Co Creation Ansatz nach Mental Health Europe Interventionen entwickeln.

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Multiple Sclerosis (MS) Awareness Month

Multiple Sklerose in der stationären Rehabilitation: Die Bedürfnisse der MS-Betroffenen und die Erfahrungen des multidisziplinären Behandlungsteams der pflegerischen Betreuung

Text: Prof. Dr. Myrta Kohler

Bildrechte: Kliniken Valens

Ein Projekt des Kompetenzzentrums Rehabilitation & Gesundheitsförderung der Ostschweizer Fachhochschule sowie der Kliniken Valens

In der Schweiz leben derzeit circa 15'000 Multiple Sklerose (MS) Betroffenen, wobei täglich eine Person neu mit MS diagnostiziert wird. Die Symptombehandlung in den fortgeschrittenen MS Stadien erfolgt häufig in einer Rehabilitationsklinik, da aufgrund der unvorhersehbare MS Krankheitsentwicklung und dessen Komplexität angemessene pflegerische Interventionen notwendig sind.

Die Literatur hat aufgezeigt, dass eine kontinuierliche, partizipative und vertrauensvolle Beziehung zwischen den MS-Betroffenen und den Fachpersonen eine wichtige Grundlage für eine Behandlung ist. Durch das Vertrauen in die Beziehung zwischen Fachperson und MS-Betroffenen wird das Symptommanagement, die Patientenzufriedenheit, das Gesundheitsverhalten und die Lebensqualität gesteigert. Studien zeigen zudem eine verbesserte Koordination innerhalb der Dienste und eine Kostenreduktion durch den Einsatz einer MS- Pflegesprechstunde.

Unseres Wissens nach wurde in der Schweiz noch keine forschungsgestützte pflegerische Betreuungsinterventionen (MS Pflegesprechstunde) für die stationäre Rehabilitation erfolgreich entwickelt, implementiert und evaluiert. Bevor mit einer solchen Entwicklung in der Rehabilitation gestartet werden kann, müssen die Bedürfnisse an diese pflegerische Betreuung aufseiten der MS-Betroffenen und dem multidisziplinären Behandlungsteam erfasst werden. So können diese bestmöglich in die Interventionsentwicklung einfliessen.

Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Studie war es zu erfassen, wie MS-Betroffenenund das multidisziplinäre Team die pflegerische Betreuung in der stationären Rehabilitation erleben. Dies mit dem Fokus Patientinnen und Patientenbedürfnisse und deren Erfahrungen zu verstehen. Gleichzeitig wird die Erfahrung des multidisziplinären Behandlungsteams zur pflegerischen Betreuung erfragt.

Basierend auf den Ergebnissen wird zukünftig eine forschungsgestützte pflegerische Betreuungsintervention (MS Pflegesprechstunde) in einer Rehabilitationsklinik entwickelt, implementiert und evaluiert. Die Kontinuität in der pflegerischen Betreuung von MS-Betroffenen über den gesamten Krankheitsverlauf soll so verbessert werden.

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Bildrechte Kliniken Valens

Lesen Sie eine aktuelle qualitative Studie (in Englisch) zum Thema

Das Kompetenzzentrum Rehabilitation & Gesundheitsförderung sowie die Kliniken Valens haben sich im Zuge der Entwicklung einer Pflegeberatung für Menschen die an Multipler Sklerose erkrankt sind, eine qualitative Studie durchgeführt. Dabei wurden sowohl Betroffene als auch das Behandlungsteam in der Rehabilitation interviewt, um ihre Sichtweisen bezüglich der Rehabilitationspflege und einer pflegerischen Beratung darzustellen.

Studie  (in Englisch)

Lesen Sie eine FIT-Synopse zum Thema

Informationsvermittlung an Menschen mit Multipler Sklerose (FIT-Synopse)

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